# taz.de -- TTIP-Debatte in den USA: Runter mit dem Schlagbaum | |
> Die USA standen lange Zeit bedingungslos hinter der Idee des Freihandels. | |
> Doch im Vorwahlkampf schwenken die Kandidaten um. | |
Bild: Die Besgeisterung für den Freihandel lässt in den USA nach | |
Washington taz | Seit Greenpeace in der vergangenen Woche geheime Papiere | |
zum Freihandelsabkommen TTIP veröffentlicht hat, wackelt das Abkommen in | |
Europa. Doch auch in Washington zweifeln viele, dass das Abkommen | |
unterzeichnen werden kann, bevor US-Präsident Barack Obama im Januar aus | |
dem Amt scheidet. „Free Trade“ ist für viele Amerikaner zum Reizwort | |
geworden – die politischen Lager passen sich dem an. | |
Donald Trump stempelt die Befürworter vorangegangener Handelsverträge zu | |
naiven Amateuren ab. Er will Importe aus China mit einem 45-Prozent-Zoll | |
belegen. „Alle haben uns systematisch ausgenommen“, klügere Strategen im | |
Ausland hätten die USA behandelt wie einen „dicken, dämlichen Halbstarken�… | |
wettert der Bauunternehmer. | |
Bernie Sanders, der noch im Rennen um die demokratische | |
Präsidentschaftskandidatur ist, bezeichnet Nafta als schweren Fehler – das | |
1994 geschlossene nordamerikanische Freihandelsabkommen. Diesen Fehler | |
dürfe man nicht wiederholen, indem man TPP draufsattle. Das Kürzel steht | |
für eine Freihandelszone mit elf Pazifikanrainern. „Es ist noch schlimmer, | |
als ich dachte“, urteilte der Senator aus Vermont. Auch Hillary Clinton, | |
von Sanders nach links gedrängt, lehnt TPP inzwischen ab, obwohl sie die | |
Vereinbarung den Goldstandard der Handelsverträge nannte, als sie noch | |
Außenministerin war. | |
Wie groß die Skepsis ist, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. 1997 | |
beispielsweise schwärmte Thomas Friedman, preisgekrönter Kolumnist der New | |
York Times, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos noch vom Freihandel. | |
Nichts präge den Planeten derzeit mehr als die Globalisierung, sagte er, | |
und wenn man ein Land basteln müsste, das am besten geeignet wäre, auf | |
diesem Planeten zu konkurrieren, dann sähe es aus wie die Vereinigten | |
Staaten. „Die Globalisierung, das sind wir“, so sein damaliges Credo. | |
Amerikanische Politiker strotzten vor Selbstbewusstsein. Unter Bill Clinton | |
hatten auch die Demokraten, traditionell protektionistischer gesinnt als | |
die Republikaner, ihren Frieden mit dem Freihandel gemacht. | |
Wie tief der Sinneswandel heute ist, lässt sich an einer aktuellen Studie | |
des Pew-Instituts in Washington ablesen. Noch vor zwei Jahren hielten 59 | |
Prozent der Befragten Freihandelsverträge für eine gute Sache, 30 Prozent | |
lehnten sie ab, 11 Prozent waren unentschieden. Mittlerweile ist der Anteil | |
der Befürworter auf 51 Prozent zurückgegangen, die Gegner stellen 39 | |
Prozent. Hinzu kommt ein Trend, den Trump aufbaut und verstärkt: Es sind | |
die Republikaner, die mehr und mehr zu einer Partei der | |
Free-Trade-Skeptiker werden. Nicht zuletzt liegt es am Wandel an der Basis. | |
Leute, die noch vor zwei Jahrzehnten mit den Demokraten sympathisierten, | |
sind zu den Konservativen übergelaufen, oft ehemalige Industriearbeiter aus | |
dem amerikanischen Kleinstadtmilieu. In dem Maße, wie sich die „Grand Old | |
Party“ zu einer Partei älterer weißer Männer entwickelt, wird sie | |
anfälliger für protektionistische Tendenzen. | |
Unter älteren weißen Männern ist die Skepsis am größten, verbinden sie mit | |
Importen aus China, Indonesien oder Mexiko doch den Verlust der eigenen, | |
stabilen, relativ gut entlohnten Jobs in Fabriken. Wie Ökonomen vorrechnen, | |
büßte die US-Wirtschaft allein zwischen 1999 und 2011 fast 6 Millionen | |
Industriearbeitsplätze ein. Zu einem Fünftel ist das Minus der | |
Billigkonkurrenz aus China geschuldet, wobei sich die Folgen auf jenen | |
„Rostgürtel“ der Old Economy konzentrieren, der sich von Pennsylvania über | |
Ohio und Indiana bis nach Illinois zieht. Kein Wunder, dass Trumps Parolen | |
gerade dort auf fruchtbaren Boden fallen. | |
10 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Frank Herrmann | |
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