# taz.de -- Tierschützer ketten sich an: Blockade gegen Tierversuche | |
> AktivistInnen schließen sich an die Tore eines Tierversuchslabors. Das | |
> Auftragslabor steht wegen Nervengift-Versuchen in der Kritik | |
Bild: Die TierschützerInnen ketteten sich das Werkstor an | |
HAMBURG taz | Dreieinhalb Stunden lang waren die Tore zum Tierversuchslabor | |
dicht. Vier AktivistInnen blockierten am frühen Montagmorgen die beiden | |
Eingangstore des Laboratoriums für Pharmakologie und Toxikologie (LPT) im | |
Harburger Stadtteil Neugraben. Mithilfe von Ketten, Bügelschlössern und | |
Metallstangen versperrten sie etwa 50 Angestellten den Weg zur Arbeit. Die | |
Feuerwehr öffnete mit ihren Werkzeugen ab 8.30 Uhr die Tore. Die | |
AktivistInnen wurden von der Polizei abgeführt. | |
„Jetzt werden Tiere wieder vergiftet“, sagte Martina Kunze, Sprecherin der | |
Initiative „LPT schließen“ nach Ende der Aktion. Die Gruppe demonstriert | |
seit 2013 regelmäßig gegen das private Forschungslabor. Die gestrige | |
Blockade war die bisher radikalste Aktion der Initiative. | |
Das LPT ist eines der größten Auftragslabore für Tierversuche in | |
Deutschland. Es testet Medikamente an etwa einem Dutzend Tierarten. Genau | |
zu bestimmen ist die Anzahl nicht, denn das Unternehmen schweigt seit | |
Beginn der Proteste. | |
Auf eine Bitte der Grünen um eine Werksbesichtigung wurde nicht einmal | |
geantwortet. In der Vergangenheit, bevor die Proteste begannen, schmückte | |
sich das Familienunternehmen im Internet mit bis zu 10.000 Mäusen, 1.500 | |
Hunden und 500 Affen, an denen Versuche gemacht werden können. „Kein Tier | |
verlässt das Labor lebend“, sagt die Initiativensprecherin Kunze. | |
Mehrmals die Woche demonstriert die Initiative vor dem Gelände und vor | |
anderen Standorten der Firma. In Neugraben hätten die Anwohner des mitten | |
in einer Wohnsiedlung liegenden Werks erst durch die Proteste erfahren, was | |
dort passiert, sagt Kunze. Die MitarbeiterInnen zeigten am Montagmorgen | |
wenig Verständnis für die AktivistInnen. „Die warteten belustigt neben | |
uns“, berichtet Kunze. | |
Die Versammlungsbehörde hat die Möglichkeiten der Tierschützer zu | |
demonstrieren zunehmend eingeschränkt. Kunze klagt über „immer härtere | |
Auflagen“. Trillerpfeifen und andere „lärmerzeugende Gerätschaften“ dü… | |
nicht benutzt werden. Zudem muss die Initiative mindestens 100 Meter | |
Abstand vom Gelände halten. Redebeiträge sind auf fünf Minuten pro Stunde | |
reduziert. „Faktisch demonstrationsfreie Räume“ seien damit entstanden, | |
sagt Kunze. | |
Dagegen hat „LPT schließen“ beim Verwaltungsgericht Klage eingereicht. Mit | |
der Blockade sei der Protest gegen LPT auf einem neuen Weg zum Ausdruck | |
gebracht worden, sagt Kunze. Sie kündigt weitere „direkte Aktionsformen“ | |
an. | |
In die Kritik geriet das LPT besonders, weil es das Nervengift Botox an | |
Mäusen testet. Solche Versuche sind nur bei fehlenden Alternativen erlaubt. | |
In diesem Fall, stellt die Tierärztin Corinna Gericke fest, gebe es jedoch | |
„bereits seit Jahren eine tierversuchsfreie Methode, um Botox zu testen“. | |
Rico Schmidt, Sprecher der zuständigen Verbraucherschutzbehörde, betont | |
hingegen, dass es bei Überprüfungen „bisher keine Beanstandungen gab“. | |
9 May 2016 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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