# taz.de -- Bedrohter Studiengang in Hamburg: „Wir sind besonders“ | |
> Der Studiengang Holzwirtschaft soll nach 65 Jahren abgeschafft werden. | |
> Keine gute Idee, sagt Fachschaftsrätin Victoria Mader, denn die | |
> Ausbildung sei einmalig | |
Bild: Wollen ihr Fach behalten: Studierende der Holzwirtschaft gingen am 3. Mai… | |
taz: Frau Mader, Ihr Fachschaftsrat kämpft seit Wochen für den Erhalt des | |
Zentrums für Holzwirtschaft. Warum ist der Studiengang unverzichtbar? | |
Victoria Mader: Es gibt unseren Studiengang seit 65 Jahren, und er ist | |
besonders. Das Wort „Wirtschaft“ im Namen legt zwar nahe, dass es ein | |
Wirtschaftsstudium ist. Es ist aber viel breiter angelegt. Da ist | |
Forstwesen, Physik, Biologie und Chemie mit enthalten. Wir fordern den | |
Erhalt der Studiengänge und die weitere Zusammenarbeit mit dem | |
Thünen-Institut des Bundes, mit dem wir uns in Lohbrügge einen Campus | |
teilen. Es gibt dort auch einen wunderbaren Garten mit Bäumen aus der | |
ganzen Welt. Die Zusammenarbeit geht Hand in Hand. | |
Das Zentrum bildet für die Holzbranche aus. Das gehört doch an die | |
Fachhochschule. | |
Nach dieser Logik müsste man auch zum Beispiel die Pharmazie auslagern. | |
Aber das Argument trifft nicht zu. Menschen, die hier studieren, arbeiten | |
später bei Umweltorganisationen oder beim Zoll, sie arbeiten im Holzhandel | |
oder entwickeln neue Spanplatten für Möbel. Das ist nicht nur eine Branche. | |
Der universitäre Ansatz kommt hier voll zum Tragen. | |
Wofür ist diese Breite wichtig? | |
Wenn beim Zoll Hölzer auftauchen und ich wissen will, ob das geschützer | |
Palisander ist, erkenne ich das mit Hilfe der Biologie. Wenn ich wissen | |
will, wie ein Sägewerk funktioniert, brauche ich Physik. Will ich wissen, | |
ob ein Balken eine Belastung aushält, brauche ich Physik und Biologie. Und | |
will ich Papier herstellen, benötige ich Chemie. Der Umgang mit Holz ist | |
auch wichtig für das Klima. Alles Kohlenstoffdioxid, das frei wird, wird | |
zum großen Teil von Bäumen wieder gebunden. Wenn wir Holz schlagen und es | |
verarbeiten, ist es wichtig zu schauen, was wir in der Produktion machen | |
und ob das Kohlenstoffdioxid wieder frei wird. | |
Es hieß im Wissenschaftsausschuss, dass es stattdessen einen neuen | |
Studiengang Umweltwissenschaften geben soll. | |
Der Studiengang wäre sehr verwässert. Wir hatten sieben Professuren. Weil | |
die Uni Geld sparen muss, sollen bis 2020 nur noch zwei davon erhalten | |
werden. Das wäre nur ein kleiner Rest, mit der die Breite der jetzigen | |
Ausbildung nicht erhalten werden könnte. Außerdem gibt es | |
Umweltwissenschaften längst an anderen Hochschulen. | |
Die grüne Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank sagte, es gebe interne | |
Gespräche für eine Lösung an der Uni. | |
Dort beredet man zurzeit die eben genannte Sparlösung. Ich hoffe aber, dass | |
hinter geschlossenen Türen auch zwischen Senat und Uni-Präsidium gesprochen | |
wird. Was bei uns passiert, ist Ausdruck der Finanzpolitik. Weil die Uni | |
bis 2020 nur 0,88 Prozent Steigerung bekommt, wird überall Geld knapp. | |
Jetzt knallt es bei uns, demnächst sind andere Fächer dran. | |
Wäre es gut, das Zentrum an die Technische Universität (TU) Harburg zu | |
verlagern? | |
Wir hätten nichts dagegen. Die Frage ist aber, ob die TU das Geld hat, das | |
der Uni jetzt fehlt. | |
Sie haben demonstriert, waren im Wissenschaftsausschuss und es gibt sogar | |
eine Petition mit 35.000 Unterstützern. Fällt Ihnen noch was ein? | |
Die Planungen laufen. | |
Man hört, der Allgemeine Studierendenausschuss plane eine | |
Anti-Exellenz-Initiative. Machen Sie da mit? | |
Ich persönlich sehe die Exellenz-Initiative kritisch. Es gibt bei uns | |
Stimmen, die sagen, wenn die Grundfinanzierung gewährleistet ist, kann man | |
Exzellenzförderung machen. Problematisch finden wir alle, diese zu nutzen, | |
um Löcher in der Grundfinanzierung zu stopfen. | |
8 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Universität Hamburg | |
Schuldenbremse | |
Sparpolitik | |
Holz | |
Universität Hamburg | |
Hochschulgesetz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Uni-Labore außer Betrieb: Chemiker erst mal heimatlos | |
Wegen mangelnden Brandschutzes wurden vier Gebäude des Fachbereichs Chemie | |
geschlossen. Die Behörde würde den Standort ohnehin gern verlagern. | |
Hamburg erschwert Studienzugang durch Klage: Fegebank will Löcher schließen | |
Neues Gesetz soll Studienplatzklagen wieder erschweren. Hochschulen dürfen | |
Betreuungsdichte verändern. |