Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Verfassung der Türkei: Auf dem Weg zur Scharia
> Noch vor wenigen Jahren hätte die Forderung nach einer islamischen
> Verfassung als verfassungsfeindlich gegolten. Nun ist das anders.
Bild: Kein Freund des säkularen Staates: Präsident Erdogan bei einem Besuch d…
Schritt für Schritt geht der Umbau der Türkei voran. Aus einer säkularen
Republik, in der das Parlament die Regierung wählt, soll ein autoritäres
Präsidialsystem werden, in dem der Islam zur Grundlage des Staates wird.
Wurde in der letzten Zeit angesichts der Einschränkung von Presse- und
Meinungsfreiheit hauptsächlich über den autoritären Charakter der von
Erdoğan angestrebten „Neuen Türkei“ diskutiert, betonte jetzt der
Parlamentspräsident erstmals öffentlich, dass diese neue Türkei auch auf
einer islamischen Verfassung basieren soll.
Noch vor wenigen Jahren wäre eine entsprechende Forderung als
verfassungsfeindliche Äußerung juristisch verfolgt worden. Noch 2008
betrieb der damalige Generalstaatsanwalt ein Verbotsverfahren gegen die AKP
mit dem Argument, die Partei verstoße gegen die laizistische Ordnung.
Heute werden Demonstranten zusammengeknüppelt, die für den Erhalt des
säkularen Staates auf die Straße gehen. Bei einer freien Abstimmung wäre
wohl immer noch die Mehrheit der Bevölkerung gegen eine islamische
Verfassung. Es wird aber immer fraglicher, ob es je zu einer freien
Abstimmung kommt.
Zunächst ist die Regierung damit beschäftigt, durch immensen Druck auf die
kurdischen HDP-Abgeordneten zu versuchen, die Mehrheitsverhältnisse im
Parlament so zu ändern, dass sie die nötigen Stimmen für eine
Verfassungsänderung zusammenbekommt. Sollte es jedoch für eine
Zweidrittelmehrheit nicht reichen und stattdessen eine Volksabstimmung
stattfinden, wird die AKP schon dafür Sorge tragen, dass am Ende das
Ergebnis stimmt. Es sei denn, es kommt doch noch zu einem gemeinsamen,
wirksamen Widerstand der scheinbar völlig zermürbten Opposition.
Interessant wäre außerdem zu wissen, wie die EU reagiert. Es ist wohl kaum
glaubhaft, dass ein Land, in dem die Scharia wieder eingeführt werden soll,
gleichzeitig angeblich die Mitgliedschaft in der EU anstrebt.
26 Apr 2016
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Recep Tayyip Erdoğan
Schwerpunkt Türkei
Laizismus
Islam
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
Cumhuriyet
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schlägerei im türkischen Parlament: Immunität soll ausgehebelt werden
Der Verfassungsausschuss segnet die Aufhebung der Immunität ab. Davon sind
auch 50 der 59 Abgeordneten der kurdisch-linken Partei HDP betroffen.
Islam in der Türkei: Machtwort von oben
Regierungschef Davutoğlu hat bekräftigt, der Säkularismus werde auch für
eine neue Verfassung gelten. Er wandte sich damit gegen Kritiker aus der
AKP.
Kolumne Knapp überm Boulevard: Erdoğans Exiltürken
Seine Majestät Recep Tayyip legt fest: Die Türkei ist überall, wo über
Erdoğan gesprochen wird. Man nennt das transnationalen Nationalismus.
Medien in der Türkei: Im Reich des Beleidigten
Türkische Medien sind kaum noch kritisch, dafür sorgt der Präsident. Einer
findet die unbequemen Beiträge bestimmt: Gönenç Ünaldı.
Debatte Türkei: Atatürks späte Rache
Erdoğan kopiert nur den autoritären Stil der Atatürk’schen Modernisierung.
Ein neuer kultureller Aufbruch braucht eine veränderte Symbolpolitik.
Kommentar Erdoğans Verhalten: Massive Eingriffe in die Pressefreiheit
Die Pressefreiheit wird behindert. Was hier lächerlich wirken mag, ist
konsequente Einschüchterungsstrategie in der Türkei. Nun muss die EU
handeln.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.