# taz.de -- Amnesty ehrt indischen Menschenrechtler: Er ist ein Großer | |
> Der indische Menschenrechtler Henri Tiphagne wird von Amnesty | |
> International in Berlin geehrt. In seiner Heimat kämpft er gegen das | |
> repressive Regime. | |
Bild: Der indische Menschenrechtsverteidiger und Direktor der NGO „People's W… | |
Berlin taz | Er ist schon wegen seiner für Inder ungewöhnlichen Körpergröße | |
von 1,80 Metern eine bemerkenswerte Erscheinung. Henri Tiphagne, Direktor | |
der Organisation People’s Watch, ist auch unter Indiens Vertretern der | |
Zivilgesellschaft ein Großer. Dem Menschenrechtler aus dem südlichen | |
Madurai wird am heutigen Montag in Berlin in Anwesenheit des | |
Bundespräsidenten [1][der Menschenrechtspreis der deutschen Sektion von | |
Amnesty International verliehen]. | |
Das schützt ihn vielleicht vor weiteren Schikanen. Unter der Regierung des | |
Hindunationalisten Narendra Modi hat sich der Spielraum für die | |
Zivilgesellschaft laut Tiphagne weiter verringert. Regierungskritische | |
Organisationen werden zunehmend schikaniert. „Die Hindunationalisten haben | |
die Tendenz, alle Macht in den Händen des Premierministers zentralisieren | |
zu wollen,“ klagt Tiphagne gegenüber der taz. | |
„Der Druck auf die Zivilgesellschaft wird durch Gesetzesverschärfungen | |
erhöht, die den Empfang von Geldern aus dem Ausland noch stärker | |
reglementieren“, sagt der 59-Jährige. Dies begann schon unter der | |
Congress-Partei. Schon lange dürfen NGOs keine eigenen Zeitungen | |
veröffentlichen. Inzwischen betreffe das Publikationsverbot auch das | |
Internet. „Jetzt können sogar meine Tweets, Facebook-Einträge und Blogs | |
verboten werden.“ | |
Tiphagne hat leidvolle Erfahrungen: „Im Juli 2012 wurde unsere Lizenz von | |
der Regierung zum ersten Mal für 180 Tage suspendiert“, berichtet er. Als | |
Vorwand diente ein angeblicher Verstoß gegen die strengen Finanzregeln: | |
„Fünf Tage wurde unser Büro durchsucht, doch wurden keine | |
Unregelmäßigkeiten festgestellt.“ NGOs brauchen in Indien eine Lizenz, die | |
sie alle fünf Jahre erneuern müssen. „Das ist ein Weg der Kontrolle“, sagt | |
Tiphagne. | |
## Beschlagnahmte Konten | |
Das Höchstmaß einer Suspendierung beträgt 180 Tage. „Wir wurden sogar | |
dreimal kurz hintereinander für jeweils 180 Tage suspendiert.“ Begründet | |
wurde die Suspendierung mit der angeblichen Beteiligung an Protesten gegen | |
ein Atomkraftwerk in Tamil Nadu. Doch glaubt Tiphagne, dass die Regierung | |
sich dafür rächen wollte, dass er die UN-Sonderberichterstatterin für | |
Menschenrechtsverteidiger begleitet und so zu einen kritischeren Bericht | |
beigetragen hatte. | |
People’s Watch war mit 170 Mitarbeitern in 24 Bundesstaaten aktiv. Die | |
Organisation registriert Polizeiübergriffe und extralegale Hinrichtungen, | |
dokumentiert Folterungen, verteidigt Aktivisten und führt an Schulen | |
Bildungsprogramme zu Menschenrechten durch. Für die damalige | |
Congress-Regierung war er ein Nestbeschmutzer. | |
Nach der zeitweiligen Schließung von People’s Watch hat die Organisation | |
ihre frühere Größe noch nicht wieder erreicht. Erst durch eine Klage vor | |
Gericht konnte sie beschlagnahmte Konten wieder freibekommen. Der Druck auf | |
kritische Meinungen wächst laut Tiphagne in Indien, „seit wir auch ein | |
großer Markt sind“. Der Druck steige parallel zum Wirtschaftswachstum, das | |
sich dem Bergbau verdanke. | |
„Indigene beklagen die Auswirkungen des Bergbaus, der ihren Spielraum | |
einengt“, sagt Tiphagne. Leider würden Parteien und Parlament sich nicht so | |
wie früher für die Zivilgesellschaft einsetzten. Auch die Justiz habe dabei | |
nachgelassen. „All das erhöht den Druck auf die Zivilgesellschaft, ihre | |
Spielräume selbst zu verteidigen, was den Druck auf sie weiter verstärkt.“ | |
25 Apr 2016 | |
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[1] /Menschenrechtspreis-von-Amnesty/!5269704/ | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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