# taz.de -- Zulassung in Indien entzogen: Kein Frieden für Greenpeace | |
> Die hindunationalistische Regierung in Delhi versucht die | |
> Umweltschutzorganisation loszuwerden. Dafür muss ein Vorwand herhalten. | |
Bild: Polizeieinsatz gegen eine Greenpeace-Aktion in Delhi. | |
Delhi taz | Es war kein gutes Jahr für Greenpeace in Indien. Aber | |
möglicherweise auch nicht für die indische Regierung. Nach eigenen Angaben | |
ist der Umweltorganisation im Bundesstaat Tamil Nadu, wo sie für ihre | |
Aktivitäten in Indien registriert ist, auf Druck des Innenministeriums in | |
Delhi die Zulassung entzogen worden. | |
Greenpeace bezeichnete diesen Schritt als „Demonstration der mangelnden | |
Toleranz des Innenministeriums für Dissenz“ und kündigte an, gerichtlich | |
dagegen vorzugehen. | |
Die Aufhebung der Registrierung ist eine neue Eskalationsstufe in einer | |
Auseinandersetzung, die seit einem Jahr anhält und Fragen aufwirft – nicht | |
nur über die demokratische Glaubwürdigkeit der von der | |
hindunationalistischen Volkspartei (BJP) geführten Regierung, sondern über | |
die Form der politischen Auseinandersetzung in der „größten Demokratie der | |
Welt“. | |
Der Streit mit Greenpeace begann schon unter der von der Kongresspartei | |
geführten Regierung von Manmohan Singh. Formal geht es um Klagen über den | |
Umgang mit ausländischen Spendengeldern. Doch Greenpeace ist der Meinung, | |
die Regierung bekämpfe ein alternatives Entwicklungsmodell, das sich gegen | |
Atomkraft, Kohle und Gentechnologie wendet. | |
Tatsächlich aber ist der Foreign Contribution Regulation Act (FCRA), auf | |
den sich die Regierung bezieht, ein Erlass, der den Fluss von ausländischen | |
Spendengeldern an Organisationen und Individuen regelt, bereits von 1976. | |
2010 wurde er unter der Kongress-Regierung reformiert, zielt aber weiter | |
auf die Abwehr ausländischen Einflusses auf Politik in Indien. | |
## Auch andere NGO angreifbar | |
Dass es im Falle Greenpeace nicht nur um vermutete oder tatsächliche | |
finanzielle Unregelmäßigkeiten geht, wurde bereits mit der Begründung klar, | |
welche die Regierung im April für den Entzug der Lizenz zum Empfang | |
ausländischer Gelder gab. Damals hieß es, Greenpeace habe Gespräche mit der | |
oppositionellen Aam Aadmi Partei (AAP) geführt, versuche „Indiens | |
Energiepläne zu verzögern und illegal zu behindern“ und engagiere sich in | |
„Kampagnen, Lobbying und Protesten gegen Indiens Politik“. | |
Dabei fällt auf, dass Greenpeace kaum Fürsprecher in der sonst | |
meinungsfreudigen indischen Zivilgesellschaft hat. „Der Schritt hat auch | |
andere NGOs verletzlich gemacht. Sie stehen vor der harten Entscheidung, | |
sich entweder an die Regierungslinie zu halten oder zu verschwinden“, | |
kommentierte die Zeitung The Hindu. | |
Womöglich hat die Regierung ihr Blatt inzwischen überreizt. Nach der | |
krachenden Wahlniederlage im Bundesstaat Bihar am vorletzten Wochenende und | |
dem Massenprotest von Schriftstellern und Intellektuellen gegen das, was | |
viele als wachsendes Klima der Intoleranz beschreiben, gibt Greenpeace sich | |
kämpferisch. | |
„Unseren Zugang zu ausländischen Geldern zu beschränken, mag ein | |
verzweifelter Versuch sein, unsere Arbeit zu stoppen“, sagt Vinuta Gopal, | |
Interimsgeschäftsführerin von Greenpeace India. „Aber das Innenministerium | |
hat unterschätzt, dass wir ein erstaunliches Netzwerk von Freiwilligen und | |
Unterstützern haben. Unsere meisten Spenden kommen von indischen Bürgern, | |
daher kann die meiste Arbeit fortgesetzt werden.“ | |
Eine Warnung kommt auch aus der Kommentarredaktion des Hindu: „Bürgerrechte | |
und Redefreiheit gehen Hand in Hand. Die Regierung wäre schlecht beraten, | |
auf ihnen herum zu trampeln.“ | |
17 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Britta Petersen | |
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