# taz.de -- Ausschreitungen im Grenzort Idomeni: Mehr als 300 Verletzte | |
> Mehrere hundert Flüchtlinge stürmten am Sonntag den Grenzzaun an der | |
> griechisch-mazedonischen Grenze. Die Polizei setzte Trängengas ein – | |
> viele wurden verletzt. | |
Bild: Die Polizei setzt in Idomeni Tränengas und Gummigeschosse ein: Viele Fl�… | |
Athen afp/dpa | Am Grenzzaun zwischen Griechenland und Mazedonien haben | |
sich Flüchtlinge und Sicherheitskräfte [1][am Sonntag stundenlange | |
Auseinandersetzungen geliefert]. Die mazedonische Polizei setzte Tränengas | |
gegen Flüchtlinge ein, die auf ihrem Weg nach Mitteleuropa die Absperrungen | |
an der Grenze durchbrechen wollten. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne | |
Grenzen zählte mehr als 300 Verletzte, berichten griechische Medien. Am | |
Sonntagabend kehrte wieder Ruhe ein. | |
Begonnen hatten die Auseinandersetzungen am späten Vormittag. Mehrere | |
hundert Flüchtlinge hatten in der Nähe des griechischen Übergangs Idomeni | |
für die Öffnung der Grenze demonstriert, die ihnen den Weg in den Norden | |
versperrt. Zuvor hatte das Gerücht die Runde gemacht, Mazedonien werde die | |
Grenze öffnen. Als einige versuchten, gewaltsam die Absperrungen zu | |
durchbrechen, setzten mazedonische Beamte Tränengas ein. | |
Der Leiter eines Auffanglagers auf der mazedonischen Seite der Grenze, | |
Zoran Lazarovski, sprach von drei Flüchtlingsgruppen zu je rund 500 | |
Menschen, die an drei verschiedenen Stellen die Grenze durchbrechen | |
wollten. Die mazedonische Polizei rechtfertigte den Einsatz von Tränengas | |
und Blendgranaten mit den Erfordernissen des Selbstschutzes: Flüchtlinge | |
hätten Beamte mit Steinen und Metallgegenständen beworfen. Es sei „kein | |
einziger Flüchtling“ nach Mazedonien gelangt, sagte ein Sprecher. | |
Nach Angaben eines Vertreters von Ärzte ohne Grenzen trugen in den Tumulten | |
mehr als 300 Flüchtlinge Verletzungen davon. Mediziner der Organisation | |
hätten etwa 250 Menschen wegen Atemproblemen nach dem Einsatz von Tränengas | |
behandelt, darunter auch viele Kinder. 30 weitere seien durch | |
Plastikgeschosse verwundet worden, und noch einmal 34 Flüchtlinge trugen | |
offene Wunden davon. Sieben Menschen seien ins Krankenhaus der | |
nahegelegenen Stadt Kilkis gebracht worden. | |
Die mazedonische Polizei bestritt indes, Plastikgeschosse gegen Flüchtlinge | |
eingesetzt zu haben. Dies sei in Mazedonien gesetzlich verboten, betonte | |
eine Sprecherin. | |
## Fünf Flüchtlinge ertrinken vor Ägäis-Insel | |
In Idomeni sitzen mehr als 11.000 Menschen fest, seit die Fluchtroute über | |
den Balkan vor wenigen Wochen abgeriegelt worden war. Seitdem fordern sie | |
immer wieder die Öffnung der Grenze zu Mazedonien, um von dort aus weiter | |
Richtung Deutschland und in andere europäische Länder zu kommen. | |
Bemühungen der griechischen Behörden, die Flüchtlinge zum Verlassen von | |
Idomeni und zum Aufsuchen nahegelegener Registrierungszentren zu bewegen, | |
waren bislang kaum erfolgreich. Die meisten Schutzsuchenden wollen dort | |
bleiben, um die erhoffte Grenzöffnung nicht zu verpassen. | |
Vor der Ägäis-Insel Samos waren am Samstag fünf Flüchtlinge gestorben: Vier | |
Frauen und ein Kind ertranken, nachdem ihr Boot auf dem Weg von der Türkei | |
nach Griechenland gesunken war. Fünf Menschen konnten gerettet werden, nach | |
mehreren weiteren Menschen wurde nach dem Unglück gesucht, wie die | |
griechische Küstenwache mitteilte. Unter den Überlebenden war demnach auch | |
der mutmaßliche Schlepper der Flüchtlingsgruppe, er wurde festgenommen. | |
Es war das erste Mal seit Inkrafttreten des EU-Abkommens mit der Türkei, | |
dass die Behörden von ertrunkenen Flüchtlingen in der Ägäis berichteten. | |
Gemäß dem Abkommen werden alle Menschen, die nach dem 20. März auf | |
illegalem Weg Griechenland erreichen, in die Türkei zurückgeschickt. | |
Seit Jahresbeginn bis zum EU-Gipfel am 18. März, bei dem der Pakt | |
vereinbart wurde, kamen im Durchschnitt 1676 Flüchtlinge nach Griechenland, | |
berichtete die Zeitung. Seitdem das Abkommen gilt, also seit dem 20. März, | |
seien es dann nur noch 337 Menschen am Tag gewesen. | |
11 Apr 2016 | |
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