| # taz.de -- Umgang mit Übergriffen in Köln: Verharmlosung angeordnet? | |
| > Die Landespolizeibehörde soll darauf gedrungen haben, die Übergriffe der | |
| > Silvesternacht abzuschwächen. Das Innenministerium bestreitet das. | |
| Bild: Hier spielte sich alles ab: auf dem Platz vor dem Kölner Hauptbahnhof | |
| Köln afp | Nach den Silvester-Ausschreitungen in Köln soll einem Bericht | |
| zufolge ein Mitarbeiter einer NRW-Landespolizeibehörde bei der Kölner | |
| Polizei darauf gedrungen haben, sexuelle Übergriffe zu verharmlosen. Wie | |
| der Express am Mittwoch unter Berufung auf interne Vermerke und E-Mails der | |
| Kölner Polizei berichtete, gaben zwei Kölner Dienstgruppenleiter zu | |
| Protokoll, dass es am Neujahrstag gegen 13.30 Uhr einen entsprechenden | |
| Anruf der Behörde gegeben habe. | |
| In dem Anruf in Köln soll der Beamte der Landespolizeibehörde darauf | |
| gedrungen habe, eine soeben eingegangene Meldung der Kölner Polizei über | |
| Sexualstraftaten in der Silvesternacht zu stornieren beziehungsweise den | |
| Begriff der „Vergewaltigung“ zu streichen. Laut den Vermerken habe der | |
| anrufende Beamte gesagt, dies sei ein „Wunsch aus dem Ministerium“ des | |
| Innern in Düsseldorf. | |
| Das NRW-Innenministerium trat den Mutmaßungen entgegen und wies den | |
| Express-Bericht zurück. „Es ist falsch, dass die Vergewaltigung in der | |
| Silvesternacht in Köln verschwiegen werden sollte“, erklärte | |
| Ministeriumssprecher Ludger Harmeier. Er erklärte weiterhin, das | |
| Ministerium habe am Neujahrstag keinen Auftrag zur Stornierung der Meldung | |
| des Polizeipräsidiums Köln gegeben. „Auch auf Formulierungen wurde kein | |
| Einfluss genommen.“ Die Überschrift der fraglichen Meldung sei unverändert | |
| geblieben. | |
| Dem Ministeriumssprecher zufolge gab es nach der Kölner Silvesternacht | |
| „Abstimmungsgespräche“ zwischen dem Dienstgruppenleiter des Lagezentrums | |
| der NRW-Regierung und dem Dienstgruppenleiter des Lagedienstes beim | |
| Landeskriminamt (LKA). Auch habe es Gespräche zwischen dem Lagedienst des | |
| LKA und der Kölner Kriminalwache gegeben. Auch nach diesen Telefonaten sei | |
| die Meldung nicht verändert worden. | |
| ## Abstimmungsgespräche | |
| Gegenstand der Telefonate sei unter anderem die Darstellung des | |
| Sachverhalts in der Kölner Silvesternacht gewesen. Es entspreche der | |
| üblichen Verfahrensweise, dass solche Abstimmungsgespräche | |
| eigenverantwortlich durch den Dienstgruppenleiter des Lagezentrums geführt | |
| würden. Eine Information an Vorgesetzte im NRW-Innenministerium sei daher | |
| nicht erfolgt. | |
| Gregor Golland, CDU-Innenpolitiker im Düsseldorfer Landtag, forderte | |
| gleichwohl den Rücktritt Jägers. „Offenbar wollten ranghohe Beamte unter | |
| der Aufsicht von NRW-Innenminister Ralf Jäger das Ausmaß der sexuellen | |
| Übergriffe in der Kölner Silvesternacht in offiziellen Berichten | |
| verharmlosen“, sagte Golland dem Onlineportal der Rheinischen Post. | |
| „Wenn die entsprechenden Medienberichte zutreffen, waren auch | |
| Führungskräfte aus dem direkten Umfeld von Jäger über diesen | |
| Vertuschungsversuch informiert“, fügte Golland hinzu. „Ein Innenminister, | |
| der solche Vorgänge nicht verhindern kann oder sie sogar duldet, ist nicht | |
| mehr tragbar – Ralf Jäger muss zurücktreten.“ | |
| Der innenpolitische Sprecher der Landtags-FDP, Marc Lürbke, vertrat die | |
| Auffassung, mit der Erklärung des Ministeriumssprechers seien die Vorwürfe | |
| „keineswegs ausgeräumt“. Falls Jäger den Vorwurf der vorsätzlichen | |
| Manipulation von Polizeiberichten durch sein Ministerium nicht glaubhaft | |
| entkräften könne, werde der Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags zu den | |
| Silvester-Übergiffen „diese Aufgabe akribisch übernehmen.“ | |
| In der Kölner Silvesternacht hatten am Kölner Hauptbahnhof überwiegend aus | |
| dem nordafrikanischen Raum stammende Täter massive Übergriffe auf Frauen | |
| und Diebstahlsdelikte verübt. Laut einem am Dienstag bekannt gewordenen | |
| Bericht Jägers für die nächste Sitzung des Innenausschusses des Landtags | |
| sind unterdessen 153 Tatverdächtige bekannt. Davon seien 149 nicht | |
| deutscher Nationalität, 103 stammen demnach aus Marokko und Algerien. | |
| 6 Apr 2016 | |
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