# taz.de -- Die Wahrheit: Die Schrumpfung der Schokoriegel | |
> Früher haben Firmen die Rohstoffpreise für Produktschrumpfungen | |
> verantwortlich gemacht. Heute schieben sie die Gesundheit vor. | |
DieHersteller von Schokoriegeln sind verantwortungsbewusste Menschen. Sie | |
wissen, dass ihre Schokoriegel zur Verfettung der Nation beitragen, zumal | |
Iren zu exzessivem Verhalten neigen. Also verhelfen sie ihnen zur | |
Selbstbeherrschung: Die Unternehmen haben ihre Produkte geschrumpft, damit | |
irische Bäuche schrumpfen. | |
Als Yorkies Mitte der siebziger Jahre auf den Markt kamen, wogen sie 70 | |
Gramm. Angeblich wurden sie zur Leibspeise der Lastwagenfahrer. Heutzutage | |
wiegt ein Yorkie lächerliche 46 Gramm. Damit kommt ein Trucker nicht weit. | |
Günstiger sind die Riegel nicht geworden. | |
Ähnlich verhält es sich mit KitKat, der aus zwei Schokofingern besteht, | |
sodass Geschwister ihn teilen können. Die Hersteller haben offenbar darauf | |
reagiert, dass Verhütungsmittel inzwischen in Irland erhältlich sind und | |
ein durchschnittliches Ehepaar nur noch zwei Kinder hat. Früher bestand ein | |
KitKat nämlich aus drei Fingern. Er kostet aber immer noch vergleichsweise | |
dasselbe. | |
Cadbury, dessen Produkte hier als Schokolade durchgehen, hat den | |
Sechserpack Creme-Eier zum Fünferpack gemacht. Snickers ist so klein, dass | |
man es übersieht. Die ehemalige Einliterpackung Eiscreme von Carte D’Or | |
enthält nur noch 900 Milliliter, ebenso die Smoothies von Innocent. Die als | |
einfältiges Geburtstagsgeschenk beliebte Pralinenpackung Quality Street ist | |
von Nestlé seit den achtziger Jahren auf die Hälfte eingedampft worden. | |
Früher haben die Firmen die Rohstoffpreise für die Produktschrumpfung | |
verantwortlich gemacht. Heutzutage schieben sie die Gesundheit vor. | |
Unilever erklärt eiskalt, dass man die Eiscreme verkleinert habe, um bei | |
einer „gesünderen Wahl als Teil eines ausgewogenen Lebensstils“ zu helfen. | |
„Uns war es wichtig, bei Geschmack und Qualität keinen Kompromiss | |
einzugehen“, sagt Unilever-Direktor Clarke. „Unsere Produkte schmecken so | |
gut wie immer, aber keine Portion enthält jetzt mehr als 250 Kalorien.“ | |
Das ist durchaus lobenswert, sind die Iren doch weltweit die viertgrößten | |
Konsumenten von Zucker. Jeder Einwohner isst täglich 24 Teelöffel davon. | |
Damit aber die Produktschrumpfung zu begründen, ist dreist. Die Unternehmen | |
sorgen sich nicht um die Kundengesundheit, sondern um gesunde Bilanzen. Die | |
Regierung hat nämlich eine Zuckersteuer angekündigt. | |
Auch die Alkoholindustrie kümmert sich angeblich um das Wohlbefinden der | |
Konsumenten. So verkauft Guinness eine Schwarzbiervariante, die im | |
Vergleich zum normalen Bölkstoff nur die Hälfte Alkohol enthält. | |
Hintergedanke ist, dass man doppelt so viel trinken kann. Da beide | |
Varianten dasselbe kosten, verdoppelt sich der Brauereiprofit. | |
Das marode irische Gesundheitssystem will man ebenfalls zum Patientenwohl | |
sanieren: Krankenhausbetten sollen demnächst doppelt belegt werden. Da | |
spart man an Wäsche und Heizung, aber der wahre Grund sei laut | |
Gesundheitsminister O’Looney, dass der Genesungsprozess durch die | |
körperliche Nähe beschleunigt werde. | |
18 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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