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# taz.de -- Auslaufmodell Kohle: Peabody ist pleite
> Der größte US-Kohlekonzern muss Gläubigerschutz beantragen. Vielleicht
> ist ein Umweltverband daran nicht ganz unschuldig.
Bild: Mit der Gewinnwarnung im März war es dann so weit: Die Kurse purzelten
Chiang Mai taz | Jetzt ist auch der größte Kohleproduzent der USA pleite.
Am Mittwoch beantragte Peabody bei einem Gericht in St. Louis
Gläubigerschutz nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechts. „Das war eine
schwierige Entscheidung“, sagte Vorstandschef Glenn Kellow.
Im Markt für Kohle ist Peabody Energy ein Gigant. Der Konzern hatte 2015
knapp 230 Millionen Tonnen Kohle verkauft. Ein Zehntel der gesamten
US-Stromproduktion erfolgt mit Kohle aus den Peabody-Minen. Noch im Jahr
2014 erhielt der Konzern vom Energiemarktspezialisten Platts die
Auszeichnung „Energiefirma des Jahres“ und ihr damaliger Chef Gregory Boyce
den Titel „CEO des Jahres“.
Trotzdem kam der Insolvenzantrag nicht unerwartet. Im März hatte Peabody
gewarnt: „Wir könnten nicht genug flüssige Mittel haben, um unsere
Geschäftstätigkeit fortzusetzen.“ Der Aktienkurs fiel um fast die Hälfte �…
auf zuletzt noch knapp über 2 US-Dollar. Damit ist die Firma keine 70
Millionen US-Dollar mehr wert – bei Schulden von über 6 Milliarden.
Mit dem Antrag schließt sich Peabody einer lange Liste von Firmen aus der
US-Kohleindustrie an, die dies in den letzten Monaten bereits getan haben:
Arch Coal, Alpha Natural Resources, Patriotic Coal und eine Firma mit dem
rückblickend ironisch anmutenden Namen Foresight Energy.
## Reihenweise Ausfälle
Dieser spektakuläre Absturz ist auf den Kohlepreis und die rückläufige
Nachfrage nach Kohle zurückzuführen. Während der Kohlepreis kurz vor der
Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 noch bei 200 Dollar pro Tonne
lag, bekam Peabody zuletzt in den USA weniger als 20 Dollar pro Tonne von
den Kraftwerksbetreibern. Trotzdem sank die Nachfrage nach Kohle deutlich.
Zum einen ist Gas in den USA dank des Ausbaus von Fracking mittlerweile
meist günstiger als Kohle. Zum anderen führt die US-Umweltorganisation
Sierra Club eine Kampagne, die sie „Krieg gegen die Kohle“ nennt. Dank
Spenden des ehemaligen New Yorker Bürgermeisters und Multimilliardärs
Michael Bloomberg kann der Club knapp 200 Anwälte beschäftigen, die mit
juristischen Mitteln und wirtschaftlichen Argumenten gegen geplante und
bestehende Kohlekraftwerke vorgehen.
In den letzten fünf Jahren konnte so alle zehn Tage ein Kohlekraftwerk
verhindert oder geschlossen werden. Mittlerweile haben die Anwälte des
Sierra Clubs 232 von 523 Kohlekraftwerken stillgelegt – 45 Prozent. Das
hinterlässt Spuren in der Nachfrage nach Kohle, wie Peabody in seinem
Jahresbericht schreibt: Allein 2015 ist der US-Kohleverbrauch in
Kraftwerken um 110 Millionen Tonnen gesunken.
Die USA sind aber nicht das einzige Land mit einer sinkenden Nachfrage nach
Kohle. Das Gleiche gilt für China. Nicht zuletzt wegen der horrenden
Luftverschmutzung versucht Peking, die Kohleverstromung zurückzudrängen.
Anders, als die Kohleindustrie gehofft hatte, konnte Indien den Ausfall
nicht kompensieren.
Sollte es Peabody nicht gelingen, sich nachhaltig umzustrukturieren,
verschwände auch eine Stimme, die immer wieder die Gründe für den
Klimawandel angezweifelt hat. Vorstandschef Boyce hatte noch 2015 erklärt,
der Klimawandel sei „eine Umweltkrise, die von fehlgeleiteten
Computermodellen vorhergesagt wird“. Das dürfte mittlerweile seine kleinste
Sorge sein.
13 Apr 2016
## AUTOREN
Christian Mihatsch
## TAGS
Energie
Kohle
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USA
Insolvenz
China
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