# taz.de -- Die Wahrheit: Aus Treu und Stauben | |
> Der Schluff gilt Freunden des Sediments ohnehin als Paradiesvogel unter | |
> den Lehmböden. Doch auch den Laien vermag er zu faszinieren. | |
Bild: Bei besonders sämigen Böden zieht der schluffbegeisterte Landmann die B… | |
Der Schluff ist im rheinischen Sprachgebrauch ein lethargischer und | |
antriebsloser Geselle, ein Mensch, der „nit uss de Fööss kütt“. Einer, d… | |
nicht aus den Hufen kommt. | |
Verniedlicht kennen wir alle den Schluff als Schluffi. Als Mensch oft | |
kritisiert, ist der Schluff als Boden der krümelige Traum aller Landwirte. | |
Der Schluffboden setzt sich nämlich aus besonders raffinierten | |
Schluffpartikeln zusammen, die kleiner und feiner sind als Sand, aber | |
größer als Ton. Der Agrar-Experte weiß, dass das eine gute Durchlüftung des | |
Bodens und exzellentes Wasser- und Nährstoffspeichervermögen bedeutet. | |
Obendrein punktet der verschluffte Boden auch noch mit seiner erstklassigen | |
Durchwurzelbarkeit. | |
## Fingerprobe im Gelände | |
Wie kann der Landmann nun echten Schluff von grobem Geröllgries und sämigen | |
Sandsteinschotter unterscheiden? Dazu dient die sogenannte Knirschprobe. | |
Dabei wird ein kleines Stück von der Schluffplatte abgeknabbert. Knirschen | |
die Gesteinspartikel zwischen den Zähnen, deutet das auf den begehrten | |
Feinsand hin. Andere Proben sind angenehmer: „Die Abgrenzung von | |
schluffigen zu tonigen Feinböden erfolgt im Gelände per Fingerprobe“, | |
berichtet das Bodenerkundungsportal „Geopedia“. Der feuchte Schluff ist im | |
Vergleich zu Ton nur mäßig formbar und deutlich bröseliger. | |
Natürlich gibt es auch schluffige DIN-Normen, nach denen Schluffexperten | |
Grob-, Mittel- und Feinschluff unterscheiden. Und je nach Tonanteil der | |
Schluffprobe wird fein zwischen Tonschluff, Schluffton und tonigem Schluff | |
unterschieden. | |
## Problemzone „Engstellen“ | |
Das klingt alles kompliziert und bringt das Hirn zum Rieseln. Richtig | |
kompliziert wird die Angelegenheit aber erst, wenn Geo-Schluffologen den | |
Schluff aus einem Höhlensystem zu Tage fördern. Denn Höhlenforscher | |
bezeichnen Engstellen, die man nur noch kriechend passieren kann, | |
sonderbarerweise als Schluf mit einem „f“. Sedimente aus den Wänden des | |
Schlufs heißen deshalb folgerichtig Schluf-Schluff. Man kann verstehen, | |
dass die meisten Geologen in den engen Höhlen darauf verzichten, auch noch | |
Schluf-Tonschluff von Schluf-Schluffton zu unterscheiden, denn Forscher aus | |
engen Höhlen werden ohnehin oft nicht ganz ernst genommen. | |
Ein menschliches Problem einigt jedoch alle Geologen, egal ob | |
Höhlenforscher oder Sediment-Experten: Das ist der lästige morgendliche | |
Schlafsand, den sich alle aus den Augen pulen müssen. Dieses Morgensediment | |
besteht aus Salzen, Proteinpartikeln und Zelltrümmern aufgeriebener | |
Blutkörperchen. Tagsüber fächelt der stete Lidschlag die krümeligen | |
Zellbrösel aus den Augen. In der Nacht sammeln sich die kristallisierten | |
Krümel in den ruhenden Wimpern und bilden dort einen hervorragenden, feinen | |
Bio-Schluff, der sich hervorragend als Bodensubstrat eignen würde, wenn nur | |
alle Schläfer den Schlafsand sammeln würden, den sie aus ihren verkrusteten | |
Augen reiben. | |
## Schreckgestalten mit Sandsack | |
Den Schlafsand aus den Augen reiben sollten sich endlich auch unseren | |
schläfrigen Behörden. Dass die Sandmännchen eine gemeingefährliche | |
Sippschaft sind, wussten schon die Kelten, die mit dem einschläfernden | |
Kapuzendämon Genius Cucullatus ihre schreckstarren Kinder zu Bett brachten. | |
Auch bei den alten Griechen waren fledermausähnliche Dämonen für die | |
Schlafgestaltung zuständig. Wenn Schlafgott Phobetor ins Schlafzimmer trat, | |
hatte er zuverlässig einen phobischen Traum im Gepäck, eine Traumform, die | |
wir heutzutage Albtraum nennen. Kollege Morpheus dagegen hantierte mit | |
verbotenem Schlafmohn und Sedimenten, den „Schlummerkörnern“. Die späteren | |
„Sandmännchen“ im europäischen Schlafraum waren eine gefürchtete Bande v… | |
Schreckgestalten: Der ziegenartige Nachtbock, der Nachtkrabb, der | |
Nachtrabe, der Schauerkauz und der Schlafschröck. | |
Bei Schauerfreund E. T. A. Hofmann ist der Sandmann „ein böser Mann, der | |
den Kindern eine Handvoll Sand in die Augen wirft, dass sie blutig zum Kopf | |
herausspringen“. Die Kinder kommen dann in den Jutesack und werden der Brut | |
des Sandmanns zur blutigen Atzung vorgeworfen. Auch das Tiroler Pechmandl | |
ist seinen Opfern eine reichlich finale Einschlafhilfe. Es schleicht | |
heimlich hinter die Kinder und streicht ihnen Zirbelpech in die Augen. Und | |
dann„druckt’s dem Kindd’Aug’n zua!“. | |
11 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Kriki | |
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