# taz.de -- Die Wahrheit: Geld ist im Kasten | |
> Lebenshilfe tut not – hier in Form von Letztgültigem zu Panama. Direkt | |
> vom Briefkastenonkel! | |
Bild: Der Briefkastenonkel weiß: Eine dubiose Firma erschwert das Protzertum. … | |
Es gibt viele gute Gründe, eine Briefkastenfirma zu gründen, beteuerte | |
jüngst ein gewisser Michael Kemmer im Deutschlandfunk. Kemmer ist der | |
Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, und er warnt vor einem generellen | |
Verbot von Briefkastenfirmen. Es gibt nämlich Gründe, laut Kemmer, „die | |
völlig legal sind und die auch nichts mit dunklen Geschäften zu tun haben“. | |
Als Beispiel erwähnte er den Reeder, der in Panama ein Schiff ausflaggen | |
will. | |
Das macht der unbescholtene Reeder natürlich aus völlig durchsichtigen | |
Gründen, wie wir alle wissen: Er will lästige Steuern sparen und möchte | |
nicht von der rachsüchtigen Justiz belangt werden, wenn sein maroder | |
Öltanker im Naturschutzgebiet mal wieder auf ein Riff läuft. Okay, das wär | |
also bereits ein guter Grund für eine Briefkastenfirma. | |
Außerdem sind Briefkastenfirmen überaus nützlich bei feindlichen | |
Übernahmen, so befindet der Berliner Tagesspiegel. Denn auf die Weise | |
erfährt niemand, wer hinter den Aufkäufen von Anteilen steckt. Wäre das | |
klar, wäre es ja quasi eine freundliche Übernahme. und das ginge definitiv | |
zu weit, wir befinden uns ja nicht im Kuschelkapitalismus. | |
Ferner kann ein Reicher mit Hilfe einer Briefkastenfirma sein schönes Geld | |
vor einer arglistig gesinnten Familie verstecken, zählt der Tagesspiegel | |
auf. So kommt es nicht zu einer feindlichen familiären Übernahme seines | |
Notgroschens. Und überhaupt: Geliebte und außerfamiliäre Kinder müssen ja | |
auch bezahlt werden! Das Wissen darüber würde die Ursprungsfamilie nur | |
unnötig schmerzen. Schön, dass hier eine Briefkastenfirma schützt. | |
## Liebe kommt, Liebe geht | |
„Andere“, so das Blatt, „wollen aus Sicherheitsgründen ihren Reichtum | |
verbergen, oder tun das, um innerlich frei leben zu können, ohne zu | |
befürchten, ihnen werde Liebe nur aus materiellen Gründen geschenkt.“ Das | |
sind gute Motive, denn Wissen über Geld weckt nur ungute Begehrlichkeiten | |
bei Geliebten und dem Fiskus. Andererseits könnte diese gerade die Gründung | |
einer Briefkastenfirma argwöhnen lassen. | |
Und, bitte: Was ist so schlimm daran, dass man nur aus materiellen Gründen | |
geliebt wird? Liebe kommt und Liebe geht, doch der Anreiz zu einer | |
materiellen Partizipation besteht, sagt der Volksmund. Aber der gemeine | |
Briefkastenfirmengründer ist eben eher der idealistische Typ, das wird oft | |
übersehen. | |
Auch kann es durchaus sein, dass man seinen Reichtum vor einem | |
gewalttätigen Partner verstecken will. Aber prügelt der nicht sämtliche | |
Passwörter aus dem Briefkastenfreund heraus? Und verlängert so ein | |
Briefkastenfirmengeflecht nicht unnötig die Hinausprügelei? Das sicherlich, | |
aber es zeigt dem Partner darüber hinaus, dass er als ernstzunehmender | |
Gewalttäter respektiert wird, gründet man ihm zuliebe Firmen. | |
Oft übersehen wird auch, dass Geiselnahmen über Briefkastenfirmen diskret | |
abgewickelt werden können. Wie indiskret ist dagegen eine schnöde | |
Überweisung. Besonders der Geiselnehmer wird so völlig bloßgestellt. Wer | |
möchte ihm zumuten, sich mit hochrotem Kopf eine Überweisung auszahlen zu | |
lassen, die eventuell als „Zweck: Geiselfreilassung“ angibt? So kommt es | |
dann möglicherweise zu Folgegeiselnahmen aus gekränktem Stolz . . . | |
## Übervorsichtiges Urteil | |
Der Tagesspiegel zieht ein vorsichtiges Resümee des Nutzens von | |
Briefkastenfirmen: Es könnte gute Motive geben, bei schwierigen Situationen | |
mit einem solchen Konstrukt in einer Grauzone zu operieren. Ein | |
übervorsichtiges Urteil, denn eigentlich gibt es nur einen wirklich guten | |
Grund für die Gründung einer Briefkastenfirma: Das Protzen und die | |
Renommiersucht der Reichen wird erschwert. Keiner weiß etwa, dass Herr XY | |
ein respektabler Briefkastenfirmenchef ist, betucht und interessant, | |
begehrenswert und anerkannt. Nicht einmal die Schufa kennt den armen | |
Reichen, der interfamiliär als mittelloser Versager dasteht. Für den Fiskus | |
ist er ein armes Würstchen, und Freunde pumpen ihn nicht einmal an. | |
Ein potenzieller Briefkastenfirmengründer sollte sich darum sorgfältig | |
befragen: Bin ich bereit, diese Demütigungen zu ertragen, bin ich wirklich | |
ein gelassen stiller Reicher? Wer dazu uneingeschränkt „ja“ sagen kann, der | |
sage es jetzt und lege sich eine Briefkastenfirma in Panama zu. Doch wer | |
nur leise Zweifel hegt, der soll für immer schweigen! | |
19 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
KRIKI | |
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