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# taz.de -- Berlins Finanzsenator zu Panama-Papers: „Ich war nicht überrasch…
> Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) will die Berichte über Steuerbetrüger
> nutzen, um Steuersünder auch in Berlin zu erwischen.
Bild: Berlins Finanzsenator Kollatz-Ahnen.
taz: Herr Kollatz-Ahnen, stimmt es, dass Sie aus Ärger über die
Steuerhinterzieherei und die Briefkastenfirmen, wie sie die Panama-Papers
aufdecken, Ihren eigenen Postkasten abgeschraubt haben?
Matthias Kollatz-Ahnen: Nein, das wäre die falsche Reaktion gewesen –
solche echten Briefkästen sind doch da für sinnvolle menschliche
Kommunikation.
Was war denn tatsächlich Ihre Reaktion auf die Panama-Papers mit der
massenhaften Betrügerei?
Ich war im Grunde nicht sehr überrascht, dass es das gibt, aber sehr
erfreut,…
Ach?
... dass es jetzt mal bekannt wird.
Warum?
Ich habe mich ja nun lange mit solchen Themen beschäftigt. Ich war ja nun
auf europäischer Ebene
... bei der Europäischen Investitionsbank
... tätig, um darauf hinzuwirken, dass das Steuergeheimnis in Österreich,
Luxemburg und Belgien auf ein sinnvolles Maß reduziert und die Möglichkeit
anonymer Kontoführung eingeschränkt wird. Wenn man aus heutiger Sicht 15
Jahre zurückblickt, da haben sich ja viele Banken, leider auch in
Deutschland, danach gedrängt, steuervermeidende Dienstleistungen
anzubieten.
In der EU mag das ja gewirkt haben. Aber die Panama Papers zeigen ja, dass
es außerhalb genug Alternativen gibt. Und dass es eines privaten Mediums
wie der Süddeutschen Zeitung bedurft hat, um das in den Fokus zu rücken.
Ganz so ist es ja nicht. Durch das Thema der Konteninformation hat sich ja
etwas geändert, als nächstes Thema gab es dann die Schweiz. Herr Schäuble
hätte dann gern einen Vertrag mit der Schweiz geschlossen und alles so
belassen, wie es ist. Einige Länderfinanzminister, die zufällig
sozialdemokratischer Herkunft waren, haben dafür gesorgt, dass es dazu
nicht kam. Mittlerweile denkt Herr Schäuble, glaube ich, auch anders. Das
Europäische Parlament war beim nächsten Schritt mit
country-by-country-reporting aktiv. Auch mit der aktuellen großen Koalition
im Bund sind wir einen Schritt weiter gekommen.
Aber nicht gerade schnell.
Allen, die an diesem Thema gearbeitet hatten war klar, dass das um einen
sehr komplexen Kulturwandel geht und dass das sehr lange dauern wird. Die
SZ-Veröffentlichung – da kann man nur einen Hut vor ziehen – zeigt auch,
dass es nun wieder einen Schritt weiter geht.
Wer ist denn eigentlich für Sie verachtenswerter: Der Betrüger selbst? Oder
die Bank und der Steueranwalt, ohne die er gar nicht in diesem Umfang
betrügen und sein Geld außer Landes schaffen könnte?
Ich will da nicht in Kategorien von Moral drüber reden.
Warum? Betrug ist doch zutiefst unmoralisch.
Ich sag‘ ja auch was dazu: Der im Wesentlichen Verantwortliche ist der, der
den Auftrag dazu gibt. Der, der dafür professionelle Dienstleistungen
anbietet und womöglich Überredungskünste einsetzt, ist rein rechtlich
zumindest einer, der Beihilfe leistet.
Bleiben wir doch noch bei der Moral. Auch jenseits der Panama Papers, der
Superreichen und Briefkastenfirmen ist es sehr verbreitet, dem Staat
möglichst viel Geld vorzuenthalten, das dann der Allgemeinheit fehlt, sei
es bei Kitas oder Hallenbädern. Von Ächtung ist da nicht viel zu spüren,
eher von Anerkennung, dass Steuerrecht so weit wie möglich gebeugt zu
haben.
Bei Sektempfängen mit vielen Leuten im weißen Kragen habe ich das auch oft
gehört. Aber das ist ja nicht nur eine moralische Frage – alles, was die
Steuerbasis künstlich verkleinert, ist Steuerbetrug und fehlt dem
öffentlichen Sektor, vor allem in Berlin. Nach verschiedenen Schätzungen
entgehen der Bundesrepublik dadurch ja jedes Jahr 100 Milliarden Euro ...
... was ja gleich mal das Vierfache des Berliner Landeshaushalts ist.
An 100 Prozent davon wird man nie rankommen können, aber es ist durch
jahrelange Arbeit, wie ich sie beschrieben habe, erstmals seit langem auch
besser geworden. Und was die öffentliche Stimmung angeht: Es ist heute
weniger legitim als vielleicht vor 15 Jahren, auf den gerade erwähnten
Sektempfängen zu sagen, dass man eine Firma in Panama hat und alle anderen
doof sind, die das nicht so machen.
Was können Sie denn von der Landesebene aus tun?
Wir müssen sehen, ob wir an Informationen heran kommen, die Berliner Fälle
betreffen. Und wenn wir das schaffen, gehen wir denen nach. Ich gehe davon
aus, dass das auch in den anderen Bundesländern so ist. Es geht darum: Das
darf nicht mehr als schick gelten
Was kann das Berlin bringen?
Wir können es zumindest ein bisschen abschätzen: Das Thema Selbstanzeigen
und die Steuerdiskussion mit der Schweiz haben dazu geführt, dass wir in
Berlin im Jahr 100 Millionen Euro mehr einnehmen.
6 Apr 2016
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Matthias Kollatz-Ahnen
Panama Papers
Steuern
Steuersünder
Panama Papers
Mossack Fonseca
Schwerpunkt Islamistischer Terror
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