# taz.de -- Kritik am Zentralrat der Juden: Zu viel Meinung für einen Rabbi | |
> Der Student Armin Langer soll nicht mehr Rabbiner werden dürfen. Er hatte | |
> den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden scharf kritisiert. | |
Bild: Armin Langer in seinem Kiez Berlin-Neukölln am Herrmannplatz | |
BERLIN taz | Ein Kommentar in der taz wurde ihm zur Verhängnis. Weil er den | |
Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, zu harsch kritisiert | |
hat, soll Armin Langer nicht mehr Rabbiner werden dürfen. Das Abraham | |
Geiger Kolleg in Potsdam, wo der 25-Jährige bislang studiert, hat ihn | |
deshalb von seiner Prüfungsliste gestrichen. | |
In einer schriftlichen Stellungnahme begründet Werner Homolka, Rektor des | |
Rabbinerkollegs, jetzt seine Entscheidung. Es sei das Recht „jeder | |
Religionsgemeinschaft, ihre Geistlichen selbst zu bestimmen“. Dem Studenten | |
habe es „wiederholt am notwendigen Fingerspitzengefühl gefehlt“, erklärt | |
Homolka. Außerdem habe er seine Interviews und andere öffentliche | |
Äußerungen nicht mit dem Pressesprecher des Kollegs abgesprochen, wie es | |
allen Studenten auferlegt worden sei. Man zweifele deshalb an Langers | |
Fähigkeit, das Judentum „angemessen und würdig“ zu vertreten. | |
Das ist erstaunlich, denn Langer hat durch sein Engagement in der | |
Salaam-Schalom-Initiative sehr viel positive Aufmerksamkeit auf sich | |
gezogen. Der angehende Rabbiner, in München geboren und in Ungarn | |
aufgewaschen, lebt seit vier Jahren im Berliner Multikultibezirk Neukölln | |
und setzt sich wie kein Zweiter für den muslimisch-jüdischen Dialog ein. Im | |
Sommer 2014 wurde er deshalb von Bundespräsident Joachim Gauck sogar ins | |
Schloss Bellevue eingeladen. | |
Doch dass sich Langer für Kopftuchträgerinnen einsetzt und die Behauptung, | |
der Berliner Einwandererbezirk sei eine „No-go-Area für Juden“, die eine | |
Kippa tragen, als plumpes Vorurteil bezeichnet, hat ihm nicht nur Freunde | |
eingebracht. Sein Kommentar in der taz war für manche wohl ein willkommener | |
Anlass, ihn loszuwerden. Langer hatte Schusters Äußerungen, in denen er | |
Verständnis für Obergrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen zeigte und | |
davon sprach, der Antisemitismus sei angeblich tief in „der arabischen | |
Kultur“ verwurzelt, übel genommen. Mit solchen Äußerungen könne sich der | |
Zentralrat gleich in „Zentralrat der rassistischen Juden umbenennen“, ätzte | |
er in der taz. | |
## Die Entschuldigung kam bereits | |
Für seine Wortwahl hat sich Langer längst bei Schuster entschuldigt. Er | |
habe seinen Kommentar damals „in einem höchst emotionalen Zustand | |
verfasst“, das sei „unangemessen“ gewesen, sagt Langer. | |
Was er sich in den Augen seiner Kritiker darüber hinaus hat zuschulden | |
kommen lassen, bleibt allerdings unklar. Klar ist nur, dass sich der | |
Zentralrat, bereits sechs Tage nachdem der umstrittene Kommentar erschienen | |
war, auf seiner Ratsversammlung mit seinem Fall beschäftigt hat. Das war am | |
29. November 2015, die Allgemeine Rabbinerkonferenz hatte Langers Eignung | |
zum Rabbiner schon damals infrage gestellt. Der Zentralrat finanziert das | |
Abraham Geiger Kolleg, das an der Uni Potsdam angesiedelt ist. Man kann | |
davon ausgehen, dass der Druck, den Studenten rauszuschmeißen, entsprechend | |
groß war. | |
Armin Langer möchte zumindest sein Studium der Jüdischen Theologie in | |
Potsdam erst einmal fortsetzen, das ist ihm unbenommen. „Ich werde im | |
nächsten Jahr noch mal versuchen, mich zur Rabbinerprüfung anzumelden“, | |
sagt er der taz. Wird ihm das erneut verwehrt, müsste er es an einer | |
anderen Schule im Ausland versuchen, etwa in London. | |
Durch den breiten Zuspruch, den er erhält, sieht sich Langer jedoch | |
bestärkt. „Die Solidarität, die ich auch von einigen Rabbinern erhalte, ist | |
überwältigend.“ | |
4 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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