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# taz.de -- Entschleunigung in Schleswig: Schleswig tritt auf die Bremse
> Die Stadt Schleswig will mehr Tempo-30-Zonen einrichten.
> Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Meyer setzt sich im Bund für
> Entschleunigung ein.
Bild: Lösen das problematische Nebeneinander von Rad, Auto und Fußgänger kos…
SCHLESWIG taz | „Um es gleich zu sagen: Geschichte schreiben wir hier
nicht“, sagt Axel Warnke. Aber genau danach hatte der Plan der Schleswiger
Stadtverwaltung geklungen: Die Kleinstadt mit knapp 24.000 Menschen könnte
die erste komplett entschleunigte Kommune werden – fast flächendeckend soll
ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern gelten. Bei der Sitzung des Bau-
und Umweltausschusses beruhigt Warnke, Sachgebietsleiter für den Bereich
Straßenrecht im städtischen Rathaus, die Gemüter: Alle wichtigen
Verkehrsadern bleiben bei Tempo 50 und in vielen Bereichen der Stadt gelten
bereits heute Geschwindigkeitsbegrenzungen.
Unterm Strich betrifft die Neuregelung nur ein halbes Dutzend Straßen.
Dennoch passt das Konzept zu den Plänen von Schleswig-Holsteins
Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD): Er startete vor zwei Jahren eine
Initiative für mehr Tempo-30-Zonen. Inzwischen zeigen die Vorstöße der
Landesverkehrsminister auch auf Bundesebene Wirkung.
Den Mitgliedern des Bauausschusses kommt der Rummel um ihre Kommune als
erste Tempo-30-Stadt ziemlich übertrieben vor. Seit gut einem Jahr liegt
ihr „Verkehrskonzept“ in der Schublade, es enthält zahlreiche Ideen, wie
der Verkehr in der Kleinstadt an der Schlei besser fließen kann. Ein
zentrales Problem sind die Radwege. Teilweise enden die Spuren abrupt,
Radler müssen dann auf der Straße weiterfahren.
Gefährlich und rechtswidrig, sagt Warnke und verweist auf die
Straßenverkehrsordnung. Doch das Radwegenetz weiter auszubauen ist teuer
und oft aus Platzgründen nicht möglich: Denn die Straßen der Stadt, deren
Wurzeln bis ins Jahr 1000 reichen, sind nicht dafür ausgelegt, Fußgänger,
parkende Autos, Radler und fahrenden Verkehr gleichzeitig aufzunehmen.
In vielen Bereichen wird daher ohnehin langsam gefahren. In vielen
Wohnvierteln sorgen Hindernisse aus Betonkübeln für Entschleunigung. Auf
den Straßen, bei denen das noch nicht der Fall ist, muss die
Stadtverwaltung das Miteinander von Autos und Rädern entzerren.
Tempo-30-Zonen lösen das Problem kostengünstig und simpel.
Dass Schleswig-Holstein beim Langsam-Fahren ganz vorn mit dabei ist, hat
Tradition: Die Landeshauptstadt Kiel richtete als eine der ersten Kommunen
bundesweit Tempo-30-Strecken ein, heute gibt es 130
Entschleunigungsbereiche im Stadtgebiet. Verkehrsminister Meyer freut die
Entwicklung. Geht es nach ihm, sollen bis Anfang 2017 neue gesetzliche
Richtlinien vorliegen, die es Kommunen erleichtern, nach eigenem Ermessen
Tempo-30-Zonen einzurichten. Das zuständige Bundesverkehrsministerium will
dafür die Hürden senken: „Darüber freuen wir uns“, so Meyer.
Zwei Aspekte stünden im Vordergrund: Verkehrssicherheit, besonders vor
Schulen, Kitas oder Altenheimen, aber auch: „Das Thema, das immer mehr
Menschen bewegt, der Lärmschutz, auch wenn wir da wohl noch
Überzeugungsarbeit leisten müssen“, sagt Meyer. Zurzeit warten die Länder
auf die Vorgaben aus Berlin. Wichtig sei ihm, dass auch kleine Kommunen
eigenständig darüber entscheiden dürfen, wie sie den Verkehr lenken sollen.
Aktuell dürfen das erst Mittelstädte ab 20.000 Einwohnern.
Die Stadt Schleswig, deren Einwohnerzahl groß genug ist, um selbst zu
entscheiden, will ihr neues Verkehrskonzept in einer Bürgerversammlung
vorstellen. Auch wenn es eigentlich nicht viel zu diskutieren oder zu
politisieren gebe, so Warnke: „Wir reden von Verkehrsrecht, da geht es
nicht um Wünsch-dir-was.“
Klaus Bosholm, den Vorsitzenden des Bauausschusses in Schleswig, bewegt vor
allem die Frage, wie das neue Konzept durchzusetzen sei. Denn auch in
Bereichen im Stadtgebiet, in denen seit Jahren Tempo 30 gelte, etwa vor der
Gehörlosenschule, halte sich kaum jemand daran: „Wenn wir uns nur auf die
Freiwilligkeit der Autofahrer verlassen, wird das nichts.“
23 Mar 2016
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Tempo 30
Schleswig-Holstein
Unfälle
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
Tempo 30
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