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# taz.de -- Kommentar Von der Leyens Doktortitel: Die falsche Entscheidung
> Die Verteidigungsministerin darf ihren Doktortitel zu Unrecht behalten.
> Die Autonomie der Hochschulen geht zu weit.
Bild: Ihre Doktorarbeit wird in Deutschland und ausnahmsweise mal nicht am Hind…
Fünf Monate lang hat Ursula von der Leyen (CDU) auf ihr Überraschungsei
gewartet. Am Mittwochabend durfte sie es öffnen und – Überraschung – sich
freuen. [1][Sie ist noch einmal davongekommen.]
Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) erkennt der
Verteidigungsministerin nicht den Doktortitel ab. Und das, obwohl die
Prüfungskommission der Uni gravierende Fehler an der Dissertation
festgestellt hat.
Für die Studierenden und Professoren der Bundeswehruniversitäten kann das
nur eines bedeuten: Wenn sie wissenschaftliches Arbeiten ernstnehmen, kann
von der Leyen nicht mehr ihre oberste Dienstherrin sein. Doch bislang ist
es in München und Hamburg still.
Dass von dort noch kritische Töne kommen, darf bezweifelt werden.
Schließlich zählt beim „Bund“ Loyalität im Zweifelsfall mehr als
Rechtschaffenheit. Das zeigt nicht zuletzt auch der Umgang mit braunen oder
schwulenfeindlichen Kameraden.
## Willkür- und Vetternsystem, das niemandem nützt
Das wesentlich größere Problem liegt aber außerhalb der Bundeswehr. Sieben
der neun Senatsmitglieder der MHH haben gegen die Aberkennung des
Doktortitels gestimmt, nur einer dafür. Wie bitte? Von der Leyen hat laut
den Plagiatsjägern von „Vroniplag Wiki“ auf 27 von 62 Seiten
[2][vorsätzlich abgeschrieben.]
Für die Hochschule ist die Sache dennoch klar: Fehler sind kein
Fehlverhalten. Ergo kann man nicht von vorsätzlicher Täuschung sprechen. So
einfach ist es jedoch nicht. Denn die Senatsmitglieder hätten locker auch
zu einem anderen Urteil kommen können. Oder besser gesagt: müssen.
Das zeigen vergleichbare Schummelarbeiten wie bei Ex-Bildungsministerin
Annette Schavan (CDU) oder Ex-EU-Parlamentarierin Silvana Koch-Mehring
(FDP). In beiden Fällen hat die Uni den Doktortitel aberkannt und damit die
politische Karriere der Schummlerinnen jäh beendet. In zahlreichen anderen
Fällen hingegen hielten die Universitäten allerdings auch zu ihren
Zöglingen. Ob aus falscher Loyalität, Angst vor persönlichen Konsequenzen
oder oder dem Unvermögen, Fehler bei der Betreuung einzugestehen, ist
schwer zu sagen.
Es spielt aber keine Rolle. Solange weder Prüfungskommissionen noch
Hochschulleitungen transparent machen, wie und anhand welcher Kriterien sie
zu ihrer jeweiligen Entscheidung kommen, sind Plagiatsaffären politische
Überraschungseier. Mit dem Unterschied, dass die Beschenkten diejenigen
kennen, die ihre Eier befüllen. Das muss sich ändern.
So sinnvoll die Autonomie der Hochschulen in vielen Punkten ist, hier
verstärkt sie ein Willkür- und Vetternsystem, das niemandem nützt: Nicht
den PolitikerInnen, die offensichtlich verschont werden sollen, nicht der
Wissenschaft, die sich lächerlich macht, und nicht denen, die ernsthaft
forschen und für die eine Doktorarbeit mehr ist als ein reines
Karrieresprungbrett.
10 Mar 2016
## LINKS
[1] /Plagiatsvorwuerfe-an-von-der-Leyen/!5285892/
[2] http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/Ugv
## AUTOREN
Ralf Pauli
## TAGS
Ursula von der Leyen
Doktorarbeit
Universität
Promotion
Plagiat
Ursula von der Leyen
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