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# taz.de -- Tagung zu Fritz Bauer in Berlin: Er soll nicht schwul sein
> Fritz Bauer war Chefankläger des Frankfurter Auschwitz-Prozesses. Jetzt
> heißt es, er soll kein jüdischer und auch kein schwuler Mann gewesen
> sein.
Bild: Fritz Bauer, 1961.
Dass sich am Ende alle gegenseitig lobten, verwundert nicht. In der
Landesvertretung Niedersachsens in den Ministergärten Berlins tagte am
Mittwoch eine Gruppe, die zuvor bereits mit Beiträgen zur aktuellen Ausgabe
des Forschungsjournals Soziale Bewegungen (Lucius & Lucius 28/2015) rührig
geworden war. Ihr Interesse gilt Fritz Bauer, dem 1968 gestorbenen
Generalstaatsanwalt von Hessen, der durch sein juristisches und
publizistisches Wirken einer der wenigen liberalen Demokraten in der
post-nationalsozialistischen Bundesrepublik war.
Worum es den Teilnehmern in ihren Referaten und Moderationen ging,
erschloss sich schnell und erschütternd deutlich: Fritz Bauer, der als
Sozialdemokrat und wegen seiner jüdischen Herkunft Deutschland 1936
verlassen musste, soll kein jüdischer, vor allem aber kein schwuler Mann
gewesen sein. Das sei, meint Irmtrud Wojak, die vor einigen Jahren mit
einer Biografie zu Fritz Bauer zu reüssieren versuchte, eine rechte
Gedankenkonstruktion: Man mache aus Bauer, dem Helden, einen „schwulen
Juden“, um ihn so zu diskreditieren. Andere bliesen ins selbe Horn, vor
allem die Filmemacherin Ilona Ziok.
Ziok will Dokumente, die Fritz Bauer im dänischen Exil als homosexuell
begehrenden Mann zeigen, nicht gelten lassen. Auch sonst will keiner der
Teilnehmer das individuell Menschliche – also auch die kulturell-religiöse
Prägung, das sexuelle Begehren – an diesem heldenhaften Juristen zur
Kenntnis nehmen. Bagatellen nur!
Niemand von den Historiker*innen des Fritz-Bauer-Instituts in Frankfurt war
geladen, um die hagiografische Weihestimmung in Sachen Fritz Bauer
historisch zu balancieren. Diese Tendenz hatte sich bereits im
Forschungsjournal gezeigt. Kein Text über das, was Fritz Bauer am stärksten
nach 1949 bewegte: die Sittlichkeits- und Sexualstrafgesetzgebung in der
BRD. Es war also keine Tagung, sondern ein Akt der Beschwörung einer Sekte:
Ihr Heiliger darf nicht schwul gewesen sein!
10 Mar 2016
## AUTOREN
Jan Feddersen
## TAGS
Fritz Bauer
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Fritz Bauer
Fritz Bauer
deutsche Justiz
Fritz Bauer
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