# taz.de -- Armut und Wachstum: Ökonomen streiten über Vermögen | |
> Wirtschaftswissenschaftler streiten sich, ob Ungleichheit das Wachstum | |
> bremst. Dahinter steckt ein ideologischer Disput. | |
Bild: Die dazugehörige Metapher | |
BERLIN taz | Behindert die Einkommensungleichheit in Deutschland das | |
Wirtschaftswachstum? Ja, behaupten OECD und IWF in einer Studie – und | |
treten damit eine Debatte unter Ökonomen los. Für Deutschland berechnete | |
die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung | |
beispielsweise, dass die wachsende Ungleichheit zwischen 1990 und 2010 | |
sechs Prozent Wirtschaftswachstum gekostet habe. | |
Schwachsinn, erklärten am Montag unisono gleich mehrere Großökonomen. „Wir | |
haben es hier mit einer eher willkürlichen Messmethode des OECD zu tun“, | |
sagte Michael Hüther, Chef des arbeitgebernahen Instituts der deutschen | |
Wirtschaft Köln (IW). Keine eindeutige Korrelation zwischen Ungleichheit | |
und Wachstum stellt das IW per Studie fest. „Für einen ausgereiften | |
Wohlfahrtsstaat wie unserem mit einem unterdurchschnittlichen | |
Ungleichheitsniveau ist – wenn überhaupt – von einem positiven Effekt der | |
Einkommensungleichheit auf das Wachstum auszugehen“, sagte Hüther. Eine | |
„Dramatisierung der Verteilungssituation“ sei „wenig zielführend“. | |
Über „alarmistische Appelle und abenteuerliche Thesen“ ärgerten sich quasi | |
zeitgleich Christoph Schmidt, Chef der Wirtschaftsweisen und Präsident des | |
Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, und Amtskollege | |
Clemens Fuest vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in einem | |
Namensbeitrag für das Handelsblatt. Tenor: Die Ökonomie könne keinen | |
„robusten Zusammenhang“ zwischen Ungleichheit und Wachstum nachweisen. | |
Natürlich steckt dahinter ein ideologischer Streit: Marcel Fratzscher, Chef | |
des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, betont in einem eben | |
erschienenen Buch, dass wegen stagnierender Reallöhne zwischen 1992 und | |
2014 rund die Hälfte der Arbeitnehmer Kaufkraft verloren haben. Vielerorts | |
fehle Geld, um in den eigenen und in den Aufstieg der Kinder zu investieren | |
– schlecht für das Wachstum. Fratzscher: „In kaum einem Industrieland der | |
Welt sind vor allem Chancen, aber auch zunehmend Vermögen und Einkommen | |
ungleicher verteilt als in Deutschland.“ | |
Die Bundesbank unterlegte diese These am Montag sogar mit ihrem | |
Vermögensbericht. Geld sei in Deutschland sehr ungleich verteilt. So besaß | |
2014 die untere Hälfte der Haushalte lediglich 2,5 Prozent des gesamten | |
Nettovermögens. Den obersten zehn Prozent der Haushalte gehörten hingegen | |
59,8 Prozent des Vermögens. Im Jahr 2010 waren es noch 59,2 Prozent. | |
21 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Leila van Rinsum | |
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