# taz.de -- Südosttürkische Stadt Cizre: Ausgangssperre gelockert | |
> Mit vollbeladenen Autos kehren Bewohner in die zerstörte Stadt zurück. | |
> Tagsüber dürfen sie sich nun freier bewegen als zuvor. | |
Bild: Verzweifelt: Menschen in Cizre sitzen vor zerstörten Häusern der Stadt. | |
CIZRE ap | Die Türkei hat die 24-stündige Ausgangssperre in der vorwiegend | |
kurdischen Stadt Cizre im Südosten des Landes gelockert. Am Mittwoch | |
durften die Einwohner ab 5.00 Uhr morgens erstmals seit dem 14. Dezember | |
wieder in die von Kämpfen beschädigten Viertel zurückkehren. Nachts bleibt | |
die Sperre bestehen. Vor fast drei Wochen hatte die Türkei ihren | |
Militäreinsatz in Cizre beendet und ihren Sieg über die kurdischen Rebellen | |
erklärt. In einem Stadtteil der Großstadt Diyarbakir und in Idil blieb die | |
Ausgangssperre in Kraft. | |
In Diyarbakir wurden bei einer Explosion ein mutmaßlicher Attentäter | |
getötet sowie vier Kinder verletzt, wie die Stadtregierung mitteilte. Die | |
Behörden gehen davon aus, dass der Sprengsatz ungewollt hochging, als der | |
Mann mit der Bombe unterwegs war. Der mutmaßliche Attentäter sei früher | |
wegen Verbindungen zu kurdischen Rebellen festgenommen worden, hieß es. | |
Im Stadtteil Sur, einem historischen Distrikt von Diyarbakir, blieb die | |
Ausgangssperre weiter bestehen – dort und auch in der Kleinstadt Idil 30 | |
Kilometer von Cizre entfernt setzten die türkischen Sicherheitskräfte ihren | |
Einsatz gegen Rebellen mit Verbindungen zur verbotenen kurdischen | |
Arbeiterpartei PKK fort. Nach dem Scheitern eines ohnehin fragilen | |
Friedensprozess waren die Kämpfe im Juli 2015 wieder aufgeflammt. | |
In Cizre an der Grenze zu Syrien und dem Irak leben rund 132.000 Menschen. | |
Ankara hatte im Dezember dort und in anderen vorwiegend kurdischen Städten | |
und Bezirken Ausgangssperren verhängt, während Sicherheitskräfte gegen die | |
PKK kämpften. Die jetzt erfolgte Lockerung der Ausgangssperre gilt nur | |
tagsüber. Zwischen 19.30 Uhr und 5.00 Uhr morgens müssen Anwohner in ihren | |
Häusern bleiben. | |
## Haus von Kugeln durchlöchert | |
Erste Einwohner kehrten in die Stadt zurück, ihre Autos beladen mit | |
Habseligkeiten, die sie bei ihrer Flucht gerettet hatten. Polizei und Armee | |
überwachten an Kontrollposten die Einfahrt in die Stadt und überprüften die | |
Ausweise der Rückkehrer, Taschen sowie Kofferräume der Autos. | |
Seine Familie habe die Stadt 20 Tage nach Beginn der Militäroffensive | |
verlassen, weil der Beschuss und die Kämpfe zu heftig geworden seien, | |
erzählt ein Anwohner, der mit seinen sieben Kindern zurückkehrte. Er habe | |
bereits gesehen, dass sein Haus in großem Maß zerstört worden sei. „Die | |
oberste Etage ist von Kugeln durchlöchert“, sagte er der Nachrichtenagentur | |
AP. | |
Hasim Kalkan, ein andere Anwohner von Cizre, gab sich mutlos: „Wir sind | |
nicht glücklich. Wir kehren augenscheinlich nach Hause zurück, aber wir | |
sind nicht einmal sicher, dass wir noch ein Zuhause haben“. | |
Amnesty International kritisierte die Ausgangssperre als „kollektive | |
Bestrafung“. Andere Menschenrechtsgruppen zeigten sich besorgt über die | |
große Zahl ziviler Opfer während der Kämpfe. Mindestens 92 seien allein in | |
Cizre getötet worden. Die Polizei ihrerseits erklärte, das Ausgehverbot | |
habe nicht sofort nach dem Ende des Militäreinsatzes am 11. Februar | |
aufgehoben werden können. Eine große Menge Sprengstoff habe zunächst | |
geräumt werden müssen. | |
2 Mar 2016 | |
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