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# taz.de -- Schwerpunkt zur Buchmesse: Der Laden läuft
> Wie gewinnt man die Digital Natives für das gedruckte Buch? Die Berliner
> Verlagsszene tut sich mit kreativen Ideen hervor – und hat damit Erfolg.
Bild: Liebes Kind, das ist ein Buch. Ausstellungsobjekt hinter Museumsglas.
Wenn von der Buchbranche die Rede ist, dann im gleichen Atemzug meist auch
von der Digitalisierung: Das Leseverhalten ändere sich, das scheint
irgendwie Konsens zu sein. Und trotzdem bleibt der Absatz der verkauften
Bücher in Deutschland weitgehend stabil: 2013 mal ein kleines Plus von 0,2
Prozent, 2014 dann wieder ein kleines Minus von 2,2 Prozent.
Während die Umsätze in der Musikbranche seit den 90er Jahren um fünfzig
Prozent einbrachen, weil man Musik inzwischen überall bequem und billig
herunterladen oder streamen kann, geht es den Verlagen und Buchhändlern
also noch vergleichsweise gut.
Und auch wenn immer mehr E-Books verkauft werden und viele Verlage Geld
investieren in digitale Technologien, ist ihr Anteil an den Gesamtumsätzen
im Buchmarkt nach wie vor relativ gering. Das liegt vor allem daran, dass
Menschen, die heute verstärkt Bücher kaufen, nach wie vor mit echten
Büchern aus Pappe und Papier sozialisiert wurden.
Was aber, wenn die Digital Natives nachrücken, jene Leser, die nach 1980
geboren wurden und, je jünger sie sind, immer mehr Texte über den
Bildschirm aufnehmen?
Die Lesegewohnheiten der Digital Natives sind anders als die der alten
Leser, der Digital Immigrants, wie sie auch genannt werden. Sie lesen eher
hybrid, sozial und multimedial – und vor allem bevorzugen sie eher Häppchen
als große, zusammenhängende Texte.
## Berlin, Hauptstadt der Schriftsteller
Laut einer Umfrage der britischen National Literacy Trust aus dem Jahr 2013
lesen heute bereits mehr Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 16 Jahren am
Bildschirm als auf dem Papier. Aber: Der Anteil dieser Bildschirmleser an
den überdurchschnittlich guten und schnellen Lesern, das zeigt die Studie
ebenfalls, ist nur unterdurchschnittlich. Und, was vielleicht noch
schwerwiegender ist für die Buchbranche: Sie lesen weniger gern als jene,
die immer noch am liebsten in Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und Comics
schmökern.
Berlin ist die Hauptstadt der Autoren. Laut Börsenverein des deutschen
Buchhandels leben etwa zehn Prozent aller Schriftsteller hier. Berlin ist
auch die größte Verlagsstadt, sie hat bereits vor zehn Jahren Stuttgart,
Frankfurt am Main und München überholt. Außerdem kaufen die Berliner,
gemessen an ihren im Durchschnitt nach wie vor eher mageren Gehältern, auch
vergleichsweise viele Bücher. Es ist also nur naheliegend, dass
ausgerechnet hier besonders kreativ nach Strategien gesucht wird, wie das
analoge Buch, wie die Verlage in digitalen Zeiten überleben können.
## Elitär – aber bitte unterhaltsam
Der Berliner Verlag Matthes & Seitz im Prenzlauer Berg wird gerade als so
etwas wie der Verlag der Stunde gefeiert: ein kleines Haus mit einem
enthusiastischen Verleger und gerade mal acht Mitarbeitern, die erstaunlich
viele ebenso anspruchsvolle wie kommerziell erfolgreiche Bücher
herausbringen: akademisch, aber nicht elitär, kompliziert, experimentell –
und dabei gleichzeitig unterhaltsam.
Matthes & Seitz haben sich für eine sehr konsequente und selbstbewusste
Strategie entschieden. Das E-Book, erklärt Verlagschef Andreas Rötzer ganz
selbstverständlich, ist eine Brückentechnologie. Ergo könne man es guten
Gewissens vernachlässigen. Stattdessen setzt Rötzer auf besonders schön
gemachte Bücher, die auch ruhig etwas kosten dürfen. Damit spricht er
zurzeit wohl vor allem eine eher mittelalte, urbane und gebildete Klientel
an, die noch mit Büchern aufgewachsen ist, die sich Bücher leisten kann und
die gern Bücher verschenkt.
Was aber passiert, wenn die Digital Natives erwachsen werden? Werden auch
sie sich schön Gedrucktes leisten wollen? Die Zukunft steht in den Sternen,
das ist so – auch für Matthes & Seitz. Aber sie sieht, so viel lässt sich
zumindest heute über den kleinen Verlag im Prenzlauer Berg sagen, doch
recht vielversprechend aus.
Dieser Text ist Teil des aktuellen Themenschwerpunkts in der taz.berlin.
Anlässlich der Leipziger Buchmesse schauen wir, wie es der Buchbranche in
Zeiten der Digitalisierung geht, besuchen einen findigen Verlag im
Prenzlauer Berg und lassen uns von drei Buchhändlern erzählen, wie sie um
Leser werben
11 Mar 2016
## TAGS
Buchmarkt
Digitalisierung
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Schwerpunkt Verbrecher Verlag
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