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# taz.de -- Berliner Verlagspreis: Ausgezeichnete Verbrecher
> Der Berliner Verlagspreis 2019 geht am Sonntag im Deutschen Theater an
> Berenberg und den Verbrecher Verlag.
Bild: Erfinder des Verlagspreises: Kultursenator Klaus Lederer und Wirtschaftss…
„Jetzt können wir drei Bücher machen, die wir uns sonst überhaupt nicht
leisten könnten“, gibt Jörg Sundermeier im Bühnengraben der Spielstätte
Kammerspiele des Deutschen Theaters in Richtung der taz zu Protokoll. Sein
Verbrecher Verlag hat kurz zuvor zusammen mit Berenberg den Berliner
Verlagspreis des Jahres 2019 zugesprochen bekommen.
Die beiden Verlage teilen sich die vom Senat ausgelobten 35.000 Euro. Mit
den Summen scheint sich, anderes als bei anderen oft kaum mehr als
symbolisch dotierten Literaturpreisen, arbeiten zu lassen. Der ebenfalls
mit dem Hauptpreis prämierte Heinrich von Berenberg-Gossler pflichtet
Sundermeier bei: „Die Druckrechnungen für unser Herbstprogramm sind noch
gar nicht bezahlt“, das frische Preisgeld gehe „direkt in neues Programm“.
## Linksradikal und relevant
Die Jury hat mit Verbrecher einen offensiv linksradikalen und zugleich
avancierten und ohne jeden Zweifel relevanten Verlag prämiert. Verbrecher
ist seit 1995 zu einem Hecht im Karpfenteich der zumeist
linksliberal-bürgerlichen deutschsprachigen Publikationshäuser aufgestiegen
und führte damit eine Tradition erfolgreicher alternativer Kleinverlage zu
neuer Blüte. Zuletzt hatte Verbrecher mit „Extrem unbrauchbar“ einen
elaborierten Titel gegen die Extremismustheorie und die weit verbreitete
Gleichsetzung der politischen Linken mit der Rechten vorgelegt.
Die Vergabe des Preises an Verbrecher kann indes auch als eine weitere
Geste aus den etablierten Strömungen bei Grünen und Linkspartei gelesen
werden, sich für die bevorstehenden Entscheidungsschlachten gegen die AfD
doch noch die Unterstützung ursprünglich systemoppositioneller linker
Kreise in der Kulturproduktion organisieren zu wollen. Zuerst steht aber
die Absicht, Verlage mit einem Jahresumsatz unter einer halben Million Euro
zu fördern.
## Fadengeheftete Kleinode
Mit Berenberg wird ein ebenfalls progressiver Verlag geehrt, der neben
Belletristik und Lyrik zudem auf herausragende Qualität bei der
Buchproduktion Wert legt. Seit 15 Jahren veröffentlicht Berenberg
fadengeheftete Kleinode des Buchdrucks. Heinrich von Berenberg-Gossler
arbeitete zuvor für den 2018 ausgezeichneten etablierten Wagenbach-Verlag.
[1][Er verlegte zuletzt mit „Das deutsche Zimmer“ die Übersetzung des
Debütromans von Carla Mailandi].
Die achtköpfige Jury lässt sich bei der Matinée am Sonntag von der Autorin
Caca Savic vertreten, die auf „das hohe Maß an Selbstausbeutung“ aufmerksam
macht, das für die Erarbeitung neuer und echter Qualität notwendig sei. Sie
strich dabei heraus, dass die wirklich interessanten Neuerungen dabei eben
aus dieser Ebene der Publikationsbetriebe komme.
Kultursenator Klaus Lederer (Linksartei) betont in seiner Ansprache, wie
wichtig eine Verlagsszene für Berlin sei, und lobt die Zusammenarbeit mit
dem Wirtschaftsressort des Berliner Senates in Person der Senatorin Ramona
Pop (Grüne), die derweil beim Grünen Parteitag in Bielefeld weilt.
Gemeinsam hatten die beiden Senator*innen den Preis aus der Taufe gehoben.
Mit 82 Bewerbungen für den Berliner Verlagspreis waren für 2019 acht mehr
eingegangen als im vergangenen Jahr, als der Preis erstmals vergeben worden
war.
Nach dem geteilten Hauptpreis gehen zwei weitere Förderpreise zu je 15.000
Euro an die Kunstbuchverlage Edition Fototapeta und Kook Book, die auch in
ihren Ansprachen besonders witzige und gekonnte Eindrücke vor etwa 120
Gästen im Saal hinterließen. Sie zeichnen sich programmatisch durch
besondere Publikationen in Lyrik, Drama, bei hybriden Formen sowie bei
Kinderbüchern aus. Der mit Guerilla-Vermarktung in Süßigkeitenautomaten
erfolgreiche SUKULTUR-Verlag und der für die Vertonung der
Nelly-Sachs-Werke verdiente Hörbuchverlag Speak Low bekommen jeweils eine
Urkunde für die dritten Plätze und je 1.500 Euro. Auch die weiteren
Nominierten erhielten eine Anerkennung in Höhe von 1.000 Euro.
Der vom Berlin-Brandenburger Börsenverein des Deutschen Buchhandels
ausgerichtete Verlagspreis will offenbar auch in diesem Punkt bessere
Bedingungen schaffen und den allerorten enger werdenden und verdichteten
Arbeitsbedingungen Rechnung tragen.
17 Nov 2019
## LINKS
[1] /Debuet-Roman-Das-deutsche-Zimmer/!5637775
## AUTOREN
Anselm Lenz
## TAGS
Schwerpunkt Verbrecher Verlag
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Klaus Lederer
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