# taz.de -- Parlamentswahl in Irland: Die Strafe für den Sparkurs | |
> Die Mitte-Links-Koalition hat eine schwere Schlappe erlitten. Die | |
> Koalitionverhandlungen dürften schwierig werden, Neuwahlen sind nicht | |
> ausgeschlossen. | |
Bild: An der Laterne hängen sie schon vereint, ob die Große Koalition klappt,… | |
DUBLIN dpa | Der irische Ministerpräsident Enda Kenny und seine | |
Mitte-Links-Koalition haben bei der Parlamentswahl eine schwere Schlappe | |
erlitten. Trotz verlorener Mehrheit machte Kenny aber klar, dass er | |
weiterregieren wolle. Kommentatoren in Dublin sprachen von einer | |
Protestwahl gegen den Sparkurs der Regierung, die das Land seit 2011 aus | |
der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise geführt hatte. | |
Irische Medien gingen am Sonntag von extrem schwierigen und langwierigen | |
Koalitionsgesprächen aus – auch eine große Koalition der beiden | |
verfeindeten gemäßigt-konservativen Parteien, Neuwahlen oder eine | |
Minderheitsregierung werden nicht mehr ausgeschlossen. | |
Kennys Partei Fine Gail stürzte nach einer ersten Auszählung aller 40 | |
Wahlkreise um 10,6 Prozentpunkte auf rund 25,5 Prozent ab. Noch schlimmer | |
erwischte es den Koalitionspartner Labour, der zwei Drittel verlor und | |
lediglich auf 6,6 Prozent kam (minus 12,8 Prozentpunkte). | |
Kräftig zugelegt hat dagegen die größte Oppositionspartei Fianna Fáil, die | |
auf 24,3 Prozent kam. Auch die linke Sinn Fein, die früher als politischer | |
Arm der paramilitärischen IRA galt, verbuchte Gewinne und erreichte 13,8 | |
Prozent der Stimmen. Kleinere Parteien und Unabhängige kamen zusammen auf | |
29 Prozent. Ein endgültiges Ergebnis wird wegen des schwierige Wahlsystems | |
erst am Montag oder Dienstag erwartet. | |
Trotz seiner Schlappe wollte Kenny nicht aufgeben. „Ich habe die Aufgabe | |
und die Verantwortung, mit der Entscheidung des Volkes zu arbeiten, um dem | |
Land eine stabile Regierung zu bringen“, sagte er. Er fügte hinzu: „Das | |
beabsichtige ich voll und ganz.“ | |
## Große Koalition der Feinde | |
Analysten sehen eine Koalition der beiden größten Parteien Fine Gael und | |
Fianna Fáil als einzige echte Alternative zu Neuwahlen. Kenny hatte vor der | |
Wahl eine solche Koalition strikt ausgeschlossen, da Fianna Fáil an der | |
Macht war, als Irland in die schwere Schuldenkrise rutschte und unter den | |
EU-Rettungsschirm musste. | |
Allerdings wollten weder Kenny noch Fianna-Fáil-Parteichef Micheál Martin | |
öffentlich über die Möglichkeit einer große Koalition sprechen. Zunächst | |
müssten alle Stimmen ausgezählt werden, hieß es. | |
Es wäre die erste große Koalition in der Geschichte der Republik: Die | |
beiden Parteien stehen sich politisch zwar nahe, sind aber seit dem | |
Bürgerkrieg Anfang des 20. Jahrhunderts historisch tief verfeindet. Eine | |
Koalitionsregierung mit kleinen Parteien und Unabhängigen halten | |
Kommentatoren für unwahrscheinlich. | |
Der Absturz der Regierungsparteien kam nicht überraschend. Zwar war es der | |
Koalition in den vergangenen Jahren gelungen, Irland aus der Krise zu | |
führen. Doch weite Bevölkerungsteile konnten vom Schuldenabbau und kräftig | |
angezogenen Wirtschaftswachstum nicht profitieren. Ein wichtiges Thema im | |
Wahlkampf war etwa die Einführung von Wassergebühren, gegen die | |
Zehntausende protestiert hatten. | |
28 Feb 2016 | |
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