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# taz.de -- Genossenschaftsbanken in der Krise: „Die Idee stirbt gerade“
> Regionale Genossenschaftsbanken sehen sich von EU- Regeln und dem eigenem
> Verband bedroht. Und das, obwohl Rekordzahlen zu erwarten sind.
Bild: Streitfreudig: Klaus Euler, Vorstandschef der Ethikbank.
Hamburg taz | Klaus Euler will streiken. Auch gegen seinen eigenen Verband.
Der Vorstandschef der Ethikbank übte erst kürzlich heftige Kritik am
Bundesverband Deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR): „Die Idee
der Genossenschaftsbanken stirbt gerade und unsere Interessenvertretung
schaut dabei zu.“
Wenn der BVR am Mittwoch in Frankfurt die aktuellen Geschäftszahlen
veröffentlicht, wird sich zeigen, dass die Volksbanken und Raiffeisenbanken
weiterhin „sehr ertragreich“ sind – davon ist zumindest Mark Roach
überzeugt, der beim Verdi-Bundesvorstand für die Volks- und
Raiffeisenbanken zuständig ist.
Dafür spricht auch eine kürzlich veröffentlichte Umfrage des
Genossenschaftsverbands in Hannover unter einem Viertel der Genobanken. So
dürfte der Gewinn über zwei Milliarden Euro betragen. Die Einlagen wuchsen,
es wurden mehr Kredite verkauft. Und die Zahl der Genossen stieg, wie seit
der Finanzkrise üblich, auf deutlich über 18 Millionen Mitglieder an.
Doch Euler sieht einigen Grund zum Klagen: Die wichtigste Einnahmequelle,
die Zinsmarge, gehe aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen
Zentralbank stetig zurück. Überdies mache die „überbordende
Kontrollbürokratie“ der Europäischen Union kaum einen Unterschied zwischen
den regional agierenden, der Realwirtschaft nützenden Banken und den
Großkonzernen.
„Es ist ein Irrsinn zu glauben, dass eine Volksbank oder Sparkasse
dauerhaft eine Kontrollbürokratie wie die Deutsche Bank unterhalten kann“,
sagte Bankchef Euler der taz.
## „Unverhältnismäßige Regulatorik“
Das Problem ist auch Gewerkschaftssekretär Mark Roach bekannt. „Die
Genossenschaftsbanken stöhnen zu Recht über die unverhältnismäßige
Regulatorik“, sagt er. „Das geht nicht mehr für kleinere Institute.“ Sie
müssten das Personal aufstocken und das sei teuer.
Roach sieht darin den entscheidenden Grund, warum es zu vielen weiteren
Fusionen unter den noch 1.025 Instituten kommen werde. Dabei sind die
Genossen vor allem in der Provinz präsent, wie die Raiffeisenbank
Struvenhütten in Schleswig-Holstein mit acht Mitarbeitern oder die
Ein-Mann-Raiffeisenbank im baden-württembergischen Gammesfeld.
Derweil strebt im BVR mancher nach Größe. In Metropolregionen haben
Genossenschaftsbanken ohnehin aberhundert Beschäftigte. Zudem dürfte der
Plan, die drittgrößte Bank Deutschlands zu schmieden, in diesem Jahr nach
mehreren Fehlversuchen aufgehen: Die beiden genossenschaftlichen
Zentralbanken, die größere DZ Bank und die in Düsseldorf sitzende WGZ,
sollen sich in diesem Sommer zusammenschließen. Die Fusion gilt einigen
Genossen als „Hauptpriorität“. Schließlich seien die Zentralbanken das
Fenster der konservativen Mini-Genossen in die weite Finanzwelt hinaus.
## Gegen die privaten Großbanken
Die Kritik der Ethikbank am BVR hält die Gewerkschaft Verdi für überzogen.
Der Bundesverband betreibe „vernünftige Politik und auch nicht nur im
Interesse der Großen“, heißt es. Indessen lobt Axel Köhler-Schnura, Stifter
von „ethecon – Stiftung Ethik & Ökonomie“ und vor 30 Jahren Gründer des
Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, die Streikabsicht.
Der Streik richte sich letztlich gegen die privaten Großbanken. „Hier
bricht der Widerspruch zwischen Großkapital und Mittelstand auf.“ Der BVR
setze der Großbankenrettung, Nullzinspolitik und EU-Bankenunion zu wenig
Widerstand entgegen, sagt Köhler-Schnura: „Es gibt Befürchtungen, dass die
vielen kleinen Banken nicht überleben werden.“
Die kleine Ethikbank will aus Protest gegen die überbordende
Kontrollbürokratie einen Tag ihre Schalter schließen. Bankchef Euler
verspricht, dann selbst eine Streikweste überzustreifen.
8 Mar 2016
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
## TAGS
Banken
Kreditinstitute
Fusion
Wolfgang Schäuble
Genossenschaft
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