# taz.de -- De Maizière in Nordafrika: Das Völkerrecht verscherbelt | |
> Drei Länder wollen abgelehnte Flüchtlinge aus Deutschland aufnehmen. | |
> Dafür versprach de Maizière Hilfe im Streit um besetzte Gebiete. | |
Bild: Moralische Bedenken? Keine. Thomas de Maizière in Marokko. | |
BERLIN taz | Für den Innenminister war die Dienstreise ein Erfolg: Drei | |
Tage lang reiste Thomas de Maizière durch drei Maghrebstaaten, in allen | |
Hauptstädten erhielt er von seinen Gesprächspartnern feste Zusagen. Marokko | |
will in Zukunft anhand von Fingerabdrücken Marokkaner identifizieren, die | |
sich in Deutschland als syrische Flüchtlinge ausgeben. Algerien möchte pro | |
Tag per Linienflug bis zu dreißig Algerier zurück ins Land lassen, die in | |
Deutschland kein Asyl erhielten. Tunesien will abgelehnte Tunesier | |
zumindest probeweise sogar in Charterfliegern zurücknehmen. | |
Umsonst hat die Bundesregierung diese Zugeständnisse freilich nicht | |
bekommen. Besonders deutlich wird das im Fall Marokko: Mit der Monarchie | |
zwischen Atlantik und Mittelmeer wird de Maizière im Gegenzug ein lange | |
erwartetes Sicherheitsabkommen abschließen. Außerdem sagte er die | |
Unterstützung der Bundesrepublik in der Westsahara-Frage zu. | |
Über das Sicherheitsabkommen verhandeln Marokko und Deutschland seit | |
Jahren. Es betrifft laut de Maizière den Kampf gegen internationalen | |
Terrorismus, Schmuggler und organisierte Kriminalität und kann „sehr bald“ | |
unterschrieben werden – sofern die beiden Regierungen letzte technische | |
Details klären können. | |
Entsprechende Abkommen hat die Bundesregierung in der Vergangenheit mit | |
rund zwei Dutzend anderen Staaten vereinbart. Sie sehen etwa vor, die | |
entsprechenden Länder bei der Ausbildung von Polizisten und mit | |
Arbeitsmaterial zu unterstützen. Opposition und Menschenrechtsgruppen | |
kritisieren, dass die Bundesregierung dabei nicht ausreichend | |
berücksichtige, ob die Partnerstaaten auf Prinzipien der | |
Rechtsstaatlichkeit achteten. | |
## Unterstützung für annektiertes Gebiet | |
Umstritten ist auch die zugesagte Unterstützung Deutschlands im Fall der | |
Westsahara. Marokko annektierte das Wüstengebiet bereits im Jahr 1975. Die | |
Bevölkerung wehrt sich dagegen allerdings bis heute, international ist der | |
Status des Gebiets umstritten. | |
Die Europäische Union hinderte das nicht daran, vor vier Jahren ein | |
Landwirtschafts- und Fischereiabkommen mit Marokko abzuschließen, das auch | |
die Westsahara umfasst. Eine Entscheidung, die der Europäische Gerichtshof | |
im vergangenen Dezember infrage stellte: Er erklärte das Abkommen für | |
ungültig. Dass es zu einem Revisionsverfahren kommt, ist sehr | |
wahrscheinlich. Die Bundesregierung werde Marokko auf EU-Ebene | |
unterstützen, sagte de Maizière nun zu. | |
Nach offiziellen Angaben wurden im Jahr 2015 etwa 26.000 Flüchtlinge in | |
Deutschland registriert, die angaben, aus den Maghrebstaaten zu kommen. | |
14.000 davon stammen aus Algerien, 10.000 aus Marokko und 2.000 aus | |
Tunesien. Ihre Aussicht auf Asyl ist im Normalfall schlecht. Um Abschiebung | |
in die drei Staaten zu erleichtern, will die Bundesregierung sie zu | |
sogenannten sicheren Herkunftsstaaten erklären. | |
1 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
## TAGS | |
Thomas de Maizière | |
Marokko | |
Algerien | |
Tunesien | |
Westsahara | |
Marokko | |
Tunesien | |
Marokko | |
Marokko | |
Marokko | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Konflikt in der Westsahara: Marokko setzt auf Eskalation | |
Ein Besuch des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon erzürnt die Regierung in | |
Rabat. In den Flüchtlingslagern in Algerien wächst der Frust. | |
Angriff von Dschihadisten: Dutzende Tote in Tunesien | |
Ein bewaffnetes Kommando greift Sicherheitskräfte nahe der Grenze zu Libyen | |
an. Mindestens 45 Menschen sterben. | |
Kommentar de Maizières Nordafrikareise: Von Werten zu Interessen | |
De Maizière verhandelt in Nordafrika, um die Zahl der Asylbewerber zu | |
senken. Dabei ignoriert er Moral und Menschenrechte. | |
Abschiebungen aus Deutschland: Marokko verspricht Kooperation | |
Die marokkanische Regierung will ausreisepflichtige Staatsbürger aus | |
Deutschland zurücknehmen. Das sicherte sie in Gesprächen Innenminister de | |
Maizière zu. | |
Gespräche mit der Regierung Marokkos: De Maizière will schneller abschieben | |
Der Innenminister will in Marokko erreichen, dass die dortige Regierung bei | |
Abschiebungen kooperiert. Vor den Gesprächen zeigte er sich zuversichtlich. |