| # taz.de -- Schwaben kritisieren Stadt Hamburg: Das Weinfest sagt Tschüssle | |
| > Das Bezirksamt Mitte verdreifacht die Gebühren für das Stuttgarter | |
| > Weinfest. Das will nun fernbleiben und bedroht den Ruf der Stadt als | |
| > Weinanbaugebiet. | |
| Bild: „Nie wieder“ findet das Weinfest in Hamburg statt: den Schwaben ist d… | |
| Hamburg taz | Der Tonfall ist anklagend: „Nie wieder“, so lässt es der „… | |
| Stuttgart e.V.“ in einer Erklärung verlauten, werde das von ihnen | |
| veranstaltete Stuttgarter Weindorf auf dem Hamburger Rathausmarkt | |
| stattfinden. Schuld daran sei allein das für die Festgenehmigung zuständige | |
| Bezirksamt Mitte. Dessen Verhalten sei „geradezu unmoralisch“ und ein | |
| „Schlag ins Gesicht“. | |
| Wenn sich der Schwabe so erbost zeigt, dann geht es natürlich – hier stimmt | |
| das Klischee – ums liebe Geld. Um knackige 170 Prozent erhöhte das | |
| Bezirksamt die Platzmiete für gut zwei Wochen Weinfest: von 46.000 auf | |
| 125.000 Euro. Zu viel für die sparsamen Schwaben, die nun – laut fluchend – | |
| Hamburg für immer den Rücken kehren wollen und zudem über das tragische | |
| Ende „einer gelebten Städtepartnerschaft“ zwischen Stuttgart und Hamburg | |
| lamentieren, die es offiziell allerdings nie gegeben hat. | |
| „Die Kündigung hat uns überrascht“, gibt Sorina Weiland, Sprecherin des | |
| Bezirksamtes, zu. Sie bestätigt die Gebührenerhöhung, die dem Veranstalter | |
| vergangenen August mitgeteilt worden sei, meint aber: „Wir hatten keine | |
| Wahl und keinen Spielraum.“ Der Rechnungshof habe 2014 moniert, dass das | |
| Amt den Stuttgartern nur einen Bruchteil der üblichen Platzmiete | |
| abverlangt. | |
| Zurück ging die Schnäppchenmiete auf einen Deal aus dem Jahr 1988: Der | |
| Hamburger Fischmarkt logiert seitdem jedes Jahr zehn Tage kostenfrei auf | |
| Stuttgarts Karlsplatz, das Weinfest im Gegenzug für gut zwei Wochen auf dem | |
| Rathausmarkt. Berechnet wurden den Schwaben bislang nur die sechs Tage, die | |
| sie länger in der Hansestadt logierten als die Hamburger Fischverkäufer in | |
| Stuttgart. | |
| Doch das Geschäft auf Gegenseitigkeit fand nicht nur keine Gnade beim | |
| Rechnungshof, auch das Bezirksamt wollte auf die vollen Einnahmen, „die | |
| uns“, so Weiland, „zwei Stellen finanzieren würden“, nicht länger | |
| verzichten. | |
| Seit der drastischen Gebührenerhöhung bemühten sich die Weindorf-Ausrichter | |
| um einen Termin mit dem Bezirksamtschef, um doch noch einen Kompromiss | |
| auszuhandeln – vergeblich. „Es war uns nicht möglich, mit Andy Grote ins | |
| Gespräch zu kommen“, klagt Mitveranstalter Werner Koch. Dem nach Monaten | |
| mühevoll gefundenen Termin am 16. Februar entzog sich Grote, indem er sich | |
| zum Innensenator berufen ließ. | |
| Im Rathaus reagierten die meisten Politiker hanseatisch gelassen auf die | |
| angedrohte Abstinenz von Maultaschen und Trollinger. Nur der | |
| CDU-Abgeordnete David Erkalp macht den Schwaben-Abgang zum Thema, sieht die | |
| Veranstalter „durch das Bezirksamt in die Knie gezwungen.“ Erkalp fordert | |
| den Senat auf, dafür zu sorgen „dass schwäbische Gastfreundschaft und | |
| Lebensfreude Hamburg dauerhaft erhalten bleiben.“ | |
| Besonders schlimm: In jedem ihrer 30 Gastjahre schenkten die Weindorf-Wirte | |
| Hamburg bislang Weinstöcke. Hundert wachsen inzwischen am Stintfang | |
| gegenüber den Landungsbrücken. „Weitere werden nun sicherlich nicht mehr | |
| hinzukommen“, drohen die abtrünnigen Schwaben und läuten damit das Ende | |
| Hamburgs als Weinanbaugebiet von Weltruf ein. | |
| 24 Feb 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Marco Carini | |
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