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# taz.de -- Kolumne Behelfsetikett: Es muss schon ballern für die Quote
> Vorbilder gibt es genug: Doch wann kommt endlich eine coole Berlin-Serie?
Bild: Gute Quote, spielt in Berlin, leider nicht in der Gegenwart: Weißensee
Serien sind immer noch das große Ding. Das haben sogar die Berlinale-Macher
mitbekommen. Sie bieten dem Publikum auch in diesem Jahr exklusive
Serienware. Zeit für eine coole Berlin-Serie!
Das dachte sich im Januar ja schon die ARD und sendete „Die Stadt und die
Macht“. Der Sechsteiler um eine Kandidatin einer konservativen Partei für
den Posten des Regierenden Bürgermeisters war nicht richtig gut und auch
nicht richtig schlecht. Großes Manko waren die Dialoge, die dem wahren
Politikbetrieb abgelauscht schienen. Die bekannten nichtssagenden
Worthülsen von echten Politikervorbildern wirkten, von Schauspielern
aufgesagt, so richtig banal, hölzern – und unglaubwürdig.
Okay, richtig gute Dialoge sind schwer. Aber es geht. Das hat die ARD schon
bewiesen, zuletzt mit „Weissensee“. Auch RTL legte mit „Deutschland 83“…
Messlatte hoch. In amerikanischen, britischen und skandinavischen Serien
aber geht das regelmäßig.
Wie könnte also die ultimative Berlin-Serie aussehen? Drei Szenarien.
## Berlin als Öko-Serie
Die Natur schlägt zurück. Aber so richtig. Vom Oderbruch aus überwuchern
riesige Monsterpflanzen nach und nach erst das Berliner Umland, dann die
gesamte Stadt. Tieren kann das Grünzeug nichts anhaben, es ist nur für
Menschen (auch Veganer) giftig und damit tödlich. Robert-Koch-Institut und
Charité forschen fieberhaft nach einem Gegenmittel, das nützt aber nichts,
das grüne Höllenzeug ist einfach zu schnell. Die letzten hundert
Überlebenden haben sich in der Kugel des Fernsehturms am Alexanderplatz
verschanzt. Komischerweise klettern die bösen Pflanzen den Turm nur halb
hinauf. Gibt es etwa eine Art Wachstumsbeschränkung für das grüne
Höllenzeug? Werden ein paar Berliner überleben? Cliffhanger: Das muss eine
zweite Staffel klären!
## Berlin als Hipster-Serie
Die Stadt wird von Hipstern aus aller Welt überflutet. Eine Hipster-Partei
kommt an die Macht. Die kreativen Hipster haben mit witzigen wie schlauen
Werbeslogans die letzten demokratischen Wahlen gewonnen. Der Regierende
Bürgermeister trägt jetzt Röhrenjeans, Langbart und Nerdbrille. Die
Hipster-Regierung von Berlin führt eine Bekleidungsvorschrift ein. Alle
BürgerInnen müssen sich im Stil der Hipster kleiden, deren Musik hören, das
Gleiche wie die Hipster-Kaste essen, trinken, denken, fühlen … Orwell lässt
grüßen: die Hipster-Diktatur ist uniform bis dort hinaus. Nur in
Friedrichshain regt sich Protest. In einer kleinen Enklave wird kein
Hipster-Zeugs geduldet, dort wird an der eigenen Uniform festgehalten. Doch
ob die Rigaer 94 das durchhält? Stoff für eine zweite Staffel.
## Berlin als Action-Serie
Da muss es richtig rumsen, es geht mit einem Knaller los. Die Nordkoreaner
schießen auf Berlin mit ihren neuen Langstreckenraketen. Die halbe Stadt
liegt in Schutt und Asche. Der Regierende und alle Senatoren sind in der
nordkoreanischen Botschaft festgesetzt und werden abwechselnd mit
Waterboarding und koreanischen Volksliedern traktiert. Sie sollen zum
kommunistischen Glauben übertreten. Der Innensenator kippt als Erster um
und kriegt die Ausweisnummer 0001. Alle anderen weigern sich standhaft, das
nützt aber nichts. Berlin geht unter. Doch da naht die Rettung: Eine
siegverwöhnte Riesenechse, von den Japanern geschickt, und ein paar
Kampfroboter der Amerikaner kämpfen Seite an Seite mit Til Schweiger, den
die Bundesregierung rekrutierte. Schweiger ballert wild drauflos, das ist
effektvoll und bringt Quote – doch dann steht wieder alles auf der Kippe:
Kim Jong Un droht, ganz Deutschland in die Luft zu sprengen. Die
Bundeskanzlerin nimmt im Bunker endlich die Hände vom Bauch und greift zum
Hörer – wieder Cliffhanger: das Schicksal Berlins steht in den Sternen. Den
Rest muss eine zweite Staffel zeigen.
P.S.: Interessierte Sender und Produktionsfirmen können sich an den Autor
wenden.
21 Feb 2016
## AUTOREN
Andreas Hergeth
## TAGS
TV-Serien
Behelfsetikett
Serien-Guide
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David Bowie
Behelfsetikett
taz.gazete
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