# taz.de -- Syrischer YouTuber Firas Alshater: „Ich bin als Allererstes ein M… | |
> Firas Alshater über seinen Umgang mit dem Label „Flüchtling“, die Ankun… | |
> in Deutschland und warum es einige Zeit braucht, bis Integration gelingt. | |
Bild: Ist in Sachen Bart- und Brillenmode voll in Berlin integriert: Firas Alsh… | |
Er steht mit verbundenen Augen und ausgebreiteten Armen auf dem | |
Alexanderplatz. Neben ihm ein Schild mit der Aufschrift: „Ich bin syrischer | |
Flüchtling. Ich vertraue dir – vertraust du mir? Umarme mich!“ Firas | |
Alshater ist seit zweieinhalb Jahren in Deutschland. Mit der Videoserie | |
„Zukar“ möchte er herausfinden, wie die Deutschen ticken. | |
taz: Was war die schönste Reaktion auf Dein Video? | |
Firas Alshater: Am Allerwichtigsten war für mich, dass ich unter den | |
mehreren Tausend Kommentaren auf Facebook und YouTube nur maximal zehn | |
Hass-Kommentare gelesen habe. Und ich habe auch Nachrichten bekommen, die | |
sagen: „Ich bin gegen Ausländer und gegen die Islamisierung, aber Du hast | |
mich zum Lachen gebracht.“ Das macht mich dann glücklich. | |
Die Webserie „Zukar“ ist von Flüchtlingen für Flüchtlinge. Du nimmst die… | |
Bezeichnung also für dich an. Wie lebt es sich mit diesem Label? | |
Ich finde es irgendwie komisch, dass mich jetzt alle den Flüchtling nennen. | |
Ich habe mich selbst nie so genannt. Ich bin als Allererstes ein Mensch. | |
Einer, der leider seine Heimat und seine Stadt wegen eines Krieges | |
verlassen musste. Es war nicht so, dass mich als Kind jemand gefragt hat: | |
„Hey Firas, was willst du mal werden?“ Und ich: „Oh ja, ich will gerne | |
Flüchtling in Deutschland sein.“ | |
Wie hat deine Flucht deinen Lebensentwurf beeinflusst? | |
Ich habe in Syrien Schauspiel studiert. Dann musste ich meine Heimat | |
verlassen und auch mein Studium abbrechen. Hier muss ich jetzt eine neue | |
Sprache lernen. Ich konnte kein Wort deutsch. Das war nicht so einfach. Ich | |
suche gerade eine neue Wohnung in Berlin, was unglaublich hart ist. Ich | |
lerne diese komische Sprache, die ich bis jetzt noch nicht ganz verstehen | |
kann. Ich glaube, wenn ich auf Deutsch rede, dreht sich Goethe in seinem | |
Grab um. | |
Wie war deine erste Zeit nach der Ankunft in Deutschland? | |
Sehr hart. Alles ist neu. Eine andere Kultur, eine neue Sprache – das ist | |
nicht einfach. | |
Jetzt lebst du aber schon zweieinhalb Jahre hier. Würdest du dich als | |
integriert bezeichnen? | |
Ja was ist denn Integration? Heißt es, weil ich den Integrationskurs in | |
Deutschland gemacht habe, dass ich gut integriert bin? Sind alle Deutschen | |
integriert? Kein Deutscher hat einen Integrationskurs gemacht. Du störst | |
mich nicht und ich störe dich nicht und wenn alles gut zwischen uns läuft – | |
das ist Integration. Und das Problem ist, dass die Leute den Flüchtlingen | |
momentan gar keine Zeit geben, sich zu orientieren und richtig anzukommen. | |
Wenn man in einen Club geht, dann kann man ja auch nicht reinkommen und | |
gleich tanzen. Man sitzt, trinkt, guckt sich die Leute an und dann erst | |
geht man tanzen. Das heißt: Integration braucht Zeit. | |
Bist Du zufällig in Berlin gelandet? | |
Als ich noch in Syrien war, habe ich mit einer deutschen Produktionsfirma | |
zusammen gearbeitet und einen Film gedreht. Ich bin nach Deutschland | |
gekommen, um diesen Film zu schneiden. Und das war hier in Berlin. Zurück | |
nach Syrien kann ich nicht, wegen des Assad-Regimes und auch wegen dem IS. | |
Berlin ist cool. Die Leute sind cool. Multikulti. Und langsam habe ich auch | |
Freunde hier. | |
Das klingt doch schon sehr integriert. Was denkst du, muss passieren, dass | |
Integration flächendeckend funktioniert. | |
Die Deutschen müssen mehr Kontakt zu den Flüchtlingen suchen. Nicht nur | |
sagen: Ich bin pro Flüchtlinge – und dabei haben sie das Flüchtlingsheim | |
nebenan nie besucht. Da muss ein bisschen mehr getan werden. | |
Dieser unmittelbare Kontakt scheint dir sehr wichtig zu sein. | |
Ja. So habe ich auch Deutsch gelernt. Ich habe Sprachkurse gemacht, aber am | |
meisten haben mir die Gespräche mit Muttersprachlern geholfen. | |
Wie geht es jetzt für dich weiter? | |
Ich habe eine befristete Aufenthaltserlaubnis hier in Deutschland. Ich kann | |
also nicht über diese drei Jahre hinaus planen, weil ich noch nicht weiß, | |
wie es weiter geht. Vielleicht darf ich auch unbefristet bleiben. Das | |
erfahre ich aber erst im September. Ich bewerbe mich gerade an der | |
Filmhochschule. Ich möchte mein Leben hier anfangen. Ich arbeite immer noch | |
für die deutsche Produktionsfirma. Und vielleicht bin ich ja jetzt auch | |
YouTuber. | |
5 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Johanna Braun | |
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