# taz.de -- Benjamin Netanjahu in Berlin: Kein ganz normaler Staatsgast | |
> Der israelische Ministerpräsident ist zu Besuch im Kanzleramt. Mit dabei: | |
> sein halbes Kabinett und eine Reihe von Streitpunkten. | |
Bild: Taucht in Berlin auf: Benjamin Netanjahu. | |
Berlin taz | Westberlin steht am Dienstag im Stau. „Wegen des Besuchs eines | |
hochrangigen Staatsgastes“ bleiben rund um den Bahnhof Zoo etliche Straßen | |
gesperrt, gab die Polizei am Wochenende bekannt. Die Verkehrsbetriebe | |
müssen 19 Buslinien umleiten, zeitweise schließen Geschäfte ihre Türen. | |
Kein Wunder: Im Hotel Waldorf Astoria steigt schließlich nicht irgendein | |
hochrangiger Staatsgast ab, sondern der israelische Ministerpräsident | |
Benjamin Netanjahu. Gemeinsam mit seinem halben Kabinett reiste er schon am | |
Montag nach Berlin, wo heute die sechsten deutsch-israelischen | |
Regierungskonsultationen anstehen. | |
Geplant waren sie eigentlich schon für das vergangene Jahr, als sich die | |
Aufnahme diplomatischer Beziehungen zum fünfzigsten Mal jährten. Wegen der | |
schwierigen Sicherheitslage in Jerusalem wurden sie damals aber verschoben. | |
„Es überwiegt das Gefühl: Zwei demokratische Staaten treffen sich“, sagt | |
Kanzlerin Angela Merkel nun mit Blick auf den Nachholtermin. Das stimmt | |
einerseits. Konflikte werden die beiden Regierungschefs daher nicht | |
aussparen – und davon gibt es im Jahr 2016 so einige. | |
## Zweistaatenlösung? | |
„Natürlich gibt es Punkte, in denen wir unterschiedlicher Meinung sind“, | |
sagt Merkel. Unter anderem nennt sie den stockenden Friedensprozess | |
zwischen Israel und den Palästinensern, den Bau von Siedlungen in | |
palästinensischen Gebieten und die Frage, „ob man noch zur | |
Zweistaatenlösung steht“. | |
Die internationale Gemeinschaft fordert als Teil des Friedensplans für die | |
Region, dass Israel die Gründung eines palästinensischen Staates duldet. | |
Netanjahu bezeichnete diese Lösung zuletzt aber als „vorerst vom Tisch“. | |
Umgekehrt passt den Israelis nicht, dass die Bundesrepublik das | |
Atomabkommen mit dem Iran unterstützt und damit indirekt das Regime in | |
Teheran stärkt. Man könne „einen wahnsinnigen Tiger nicht in ein Kätzchen | |
verwandeln“, sagte Netanjahu im vergangenen Jahr. Ganz unbegründet ist sein | |
Misstrauen nicht: Immerhin gibt der Iran ganz offen zu, den Staat Israel | |
auslöschen zu wollen. | |
Mittlerweile ist das Abkommen jedoch in Kraft getreten. Dass der | |
israelische Ministerpräsident in Berlin noch einmal gegen den Deal | |
protestiert, wird daran auch nichts ändern. | |
## Korvetten für Israel | |
Umgekehrt folgen aus dem Unmut der Bundesregierung kaum Konsequenzen für | |
die Kollegen aus Jerusalem. Netanjahu ist eben wirklich mehr als ein | |
hochrangiger Staatsgast, und das Treffen in Berlin nicht nur eines zwischen | |
zwei demokratischen Staaten. In Merkels Worten: „Es gibt natürlich immer | |
die Verantwortung für die Schoah.“ | |
Das zeigte sich schon zum fünfzigsten Beziehungsjubiläum im vergangenen | |
Mai. Den Friedensprozess trieb Netanjahu schon damals nicht wirklich voran. | |
Trotzdem unterzeichneten beide Regierungen zum Jahrestag einen Vertrag: Die | |
israelische Marine bekommt vier Korvetten von ThyssenKrupp, die | |
Bundesrepublik zahlt ein Drittel des Preises. | |
16 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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