# taz.de -- TTIP-Lesesaal in Berlin eröffent: „Besser als nichts“ | |
> Abgeordnete können künftig geheime TTIP-Dokumente einsehen. Aber nur | |
> unter strengen Auflagen. Die Opposition kritisiert deshalb mangelnde | |
> Transparenz. | |
Bild: Handyverbot! | |
BERLIN afp | „TTIP-Dokumente Leseraum“ steht an der Tür auf einem Schild, | |
verziert mit einer US- und einer EU-Fahne. Das Innere des Raums ist | |
schlicht gehalten. Weiße Wände, an denen ein paar Kunstwerke hängen. Acht | |
Computerbildschirme stehen auf einfachen Tischen, eine Kommode mit | |
Wörterbüchern und Aktenordnern drauf. Der Blick aus dem Fenster fällt auf | |
den Invalidenpark in Berlin-Mitte. | |
Unter diesen Bedingungen werden die Abgeordneten des Bundestags ab Montag | |
und - ein wenig später, nach Beseitigung letzter bürokratischer Hindernisse | |
- auch die Mitglieder des Bundesrats geheime Dokumente des | |
Transatlantischen Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA (TTIP) | |
einsehen können. Eine Art Revolution. Denn bisher war dies nur den | |
Mitgliedern der Regierung möglich. | |
„Der Raum ist das Ergebnis eines ziemlich schwierigen Prozesses.“ | |
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) steht hinter den Tischen und | |
erklärt gleichsam als Hausherr, warum der TTIP-Lesesaal jetzt in seinem | |
Ministerium eröffnet wird. „Ich hätte diesen Raum lieber im Bundestag | |
gesehen“, sagt er. Aber die EU-Kommission und die USA hätten das nicht | |
gewollt. | |
An diesen Instanzen seien auch die Forderungen nach noch mehr Transparenz | |
gescheitert, die er, Gabriel, gerne gehabt hätte. „Die TTIP-Verhandlungen | |
leiden darunter, dass es zu wenig Öffentlichkeit gibt“, sagt er. Der Raum | |
jetzt sei aber besser als nichts. „Es ist ein guter, großer Schritt, den | |
wir heute erreicht haben, wird aber nicht der letzte sein“, gibt Gabriel zu | |
Protokoll. | |
## Nicht kopieren, nicht fotografieren | |
Was der Leseraum in der Praxis leisten wird, muss sich erst noch zeigen. | |
Nicht alle TTIP-Dokumente werden dort zu lesen sein, sondern nur die | |
sogenannten konsolidierten. Solche Papiere geben sowohl die Position der EU | |
als auch der USA wieder. Sie gelten als Geheimdokumente. | |
Deshalb ist den Volksvertreten auch einiges verboten. Sie dürfen sich nur | |
handschriftliche Notizen vom Inhalt der Dokumente machen, sie auf keinen | |
Fall kopieren oder sogar abfotografieren. Ihre gewonnenen Erkenntnisse | |
dürfen sie nicht öffentlich diskutieren. Denn vor Betreten des Leseraums | |
verpflichten sie sich dazu, die im Bundestag gültigen Regeln beim Umgang | |
mit Geheiminformationen zu beachten. | |
Diese Einschränkungen rufen Kritik hervor. Der Zugang zu den | |
TTIP-Dokumenten sei „derart begrenzt, dass von Transparenz und | |
parlamentarischer Kontrolle weiterhin keine Rede sein kann“, sagt Alexander | |
Ulrich, Obmann der Fraktion Die Linke im EU-Ausschuss des Bundestages. | |
## Schweigepflicht | |
„Ausgerechnet beim Freihandel sollen Abgeordnete ihr freies Mandat mit | |
einer Schweigepflicht einschränken - das passt nicht zusammen“, erklärt | |
Lena Blanken von der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch. | |
„Einsichtmöglichkeiten für Abgeordnete sind nicht gleichzusetzen mit | |
Transparenz und Öffentlichkeit“, sagt auch Britta Haßelmann. Trotzdem | |
begrüßt die Grünen-Bundestagsabgeordnete den Lesesaal. „Seit Beginn der | |
Verhandlungen zu TTIP haben wir dafür gekämpft, dass die konsolidierten | |
Texte einsehbar sein müssen.“ Nur wer die Texte kenne, könne sie bewerten. | |
Sie findet aber, dass der jetzige Schritt nicht genug ist. „Wenn Sigmar | |
Gabriel es ernst meint mit der Transparenz der TTIP-Verhandlungen, wird er | |
erklären müssen, weshalb Bürgern der Blick auf die konsolidierten Texte | |
weiter verwehrt bleiben soll.“ | |
28 Jan 2016 | |
## TAGS | |
Schwerpunkt TTIP | |
Geheimdokumente | |
Bundestag | |
Freihandel | |
Schwerpunkt TTIP | |
Schwerpunkt TTIP | |
Schwerpunkt TTIP | |
Schwerpunkt TTIP | |
Schwerpunkt TTIP | |
Schwerpunkt TTIP | |
Schwerpunkt TTIP | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Strenge Auflagen für Leseraum: Wer liest eigentlich die TTIP-Papiere? | |
Welche Abgeordneten sich die TTIP-Dokumente anschauen, wird geheimgehalten | |
– fast nur die Opposition meldet sich an. | |
Zu Besuch im TTIP-Leseraum: Stocher, stocher | |
Abgeordnete des Bundestages dürfen TTIP-Dokumente einsehen – werden dabei | |
aber streng überwacht. Ein Ortstermin. | |
Protest gegen Freihandelsabkommen: Links der Mitte | |
Wissenschaftler haben Anti-TTIP-Demonstranten befragt und herausgefunden: | |
Die Mehrzahl ist hoch gebildet und protesterfahren. | |
Kommentar TTIP-Verhandlungen: Weiter unter Verschluss | |
Abgeordnete können TTIP-Dokumente einsehen. Doch die Transparenz ist mehr | |
Schein. So entsteht kein Vertrauen in die Entscheidungen der Politik. | |
Freihandelsabkommen TTIP: Ein bisschen weniger geheim | |
Das Parlament bekommt in bereits verhandelte Kapitel des umstrittenen | |
Abkommens Einsicht – vier Stunden täglich. Ob das was nützt, ist fraglich. | |
TTIP-Abkommen zwischen EU und USA: Streit über regulatorisches Duett | |
Spiel über Bande mit dem „Regulierungsrat“: Das Freihandelsabkommen sichert | |
Lobbyisten noch mehr Einfluss, stellt eine neue Studie fest. | |
TTIP und Landwirtschaft: Beschleunigtes Hofsterben | |
Das Freihandelsabkommen bedroht kleine Bauernhöfe, sagt ein Verband | |
nachhaltiger Unternehmen. Nötig seien spezielle Regeln für den | |
Agrarbereich. |