# taz.de -- Eskalation zwischen Nord- und Südkorea: Auge um Auge, Zahn um Zahn | |
> Nach Nordkoreas Raketentest ordnet Südkorea die Schließung eines | |
> gemeinsamem Industrieparks an. Nordkorea reagiert mit Beschlagnahmung. | |
Bild: Eine südkoreanische Firma versucht am Donnerstag, Güter aus der geschlo… | |
Berlin taz | Als Vergeltung für die Entscheidung der südkoreanischen | |
Regierung zur Schließung eines gemeinsamen Industrieparks hat Nordkorea | |
alle verbliebenen Südkoreaner zum Verlassen der grenznahen | |
Sonderwirtschaftszone in Kaesong aufgerufen. Außerdem würden dort alle | |
südkoreanischen Anlagen. Güter und Rohstoffe beschlagnahmt, berichteten | |
Staatsmedien am Donnerstag. Die nordkoreanischen Beschäftigten blieben | |
südkoreanischen Berichten zufolge bereits am Donnerstag der Arbeit fern. | |
Nordkorea kündigte darüber hinaus an, zwei grenzüberschreitende Hotlines | |
zur direkten Kommunikation zu kappen. | |
Südkoreas Regierung hatte am Mittwoch als Reaktion auf Nordkoreas jüngsten | |
Raketen- und Atomtests des gemeinsam betriebenen Industrieparks Kaesong | |
verkündet. „Damit Mittel aus dem Kaesong-Industriekomplex nicht mehr zur | |
Entwicklung nordkoreanischer Raketen und Atomwaffen verwendet werden | |
können, hat die Regierung seine komplette Schließung beschlossen“, erklärte | |
das Vereinigungsministerium in Seoul. | |
Der Park gilt als wichtiger Devisenbringer für den heruntergewirtschafteten | |
Norden. Das Industriegebiet liegt zehn Kilometer nördlich der | |
„Entmilitarisierten Zone“ am 38. Breitengrad, welche die beiden Koreas | |
trennt, und ist damit nur eine Stunde Fahrzeit von Südkoreas Haupstadt | |
entfernt. | |
53.000 Nordkoreaner arbeiten dort in 123 südkoreanischen Firmen der | |
Textil-, Bekleidungs-, Haushaltswaren- und Autoindustrie. Die südlichen | |
Firmen, die dort wegen niedriger Kosten umgerechnet 837 Millionen US-Dollar | |
investiert haben, zahlten laut Regierung in Seoul bisher Löhne für | |
insgesamt umgerechnet 458 Millionen Euro direkt an Nordkoreas Regime. Das | |
behielt davon etwa 20 Prozent ein. | |
## Letztes Relikt der „Sonnenscheinpolitik“ | |
Den Bau des Industrieparks hatte der spätere Friedensnobelpreisträger und | |
südliche Präsident Kim Dae Jung im Juni 2000 direkt mit dem damaligen | |
nördlichen Machthaber Kim Jong Il in Pjöngjang vereinbart. Der Park wurde | |
2004 als Vorzeigeprojekt der sogenannten Sonnenscheinpolitik eröffnet, wie | |
Kim Dae Jung seine Entspannungspolitik nannte. | |
Nach diversen Spannungen zwischen den beiden verfeindeten Staaten und der | |
Regierungsübernahme durch Konservative im Süden blieb die Industriezone als | |
letztes gemeinsames Projekt übrig. | |
Doch auch die konservative Regierung in Seoul hielt all die Jahre trotz des | |
Untergangs einer südkoreanischen Korvette, der Nordkorea zugeschrieben | |
wurde, und trotz des nördlichen Beschusses einer südlichen Insel an der | |
Zone fest. Vielmehr schloss Nordkorea sie 2013 auf dem Höhepunkt | |
bilateraler Spannungen selbst für vier Monate. | |
Die beiden Koreas sind seit dem Waffenstillstand 1953 zur Beendigung des | |
Korea-Krieges noch formal im Kriegszustand. Die Entspannungspolitik sollte | |
die Lage entschärfen und eine Annäherung ermöglichen, die einen Wandel im | |
Norden begünstigen sollte, so die Hoffnung ihrer Protagonisten. | |
Am Mittwoch hatten die in Kaesong vertretenen südlichen Firmen ihre | |
Regierung aufgefordert, den Schritt zu überdenken. Nordkoreas | |
Vergeltungsschritt dürfte jetzt bedeuten, dass der Industriepark für | |
längere Zeit geschlossen bleibt. | |
## „Trauriger und verrückter Schritt“ | |
Von „einem traurigen und verrückten Schritt Südkoreas“ hatte der britische | |
Korea-Spezialist Aidan Foster-Carter von der Universität Leeds am Mittwoch | |
getwittert: „Die Industriezone hatte ein Stück der am stärksten befestigen | |
Grenze zu einer Eingangstür entwickelt. Jetzt wird sie wieder zu 100 | |
Prozent eine Front.“ | |
In Seoul war zunächst befürchtet worden, dass der Norden einige der 184 | |
südkoreanischen Manager an der Rückkehr in den Süden hindern und als | |
Geiseln halten könnte. Doch falls Nordkorea sie wirklich ausweist, wäre | |
diese Befürchtung unbegründet. | |
Nordkorea hatte am Sonntag den erfolgreichen Start eines Satelliten mittels | |
einer Rakete vermeldet. Nach Ansicht des Südens und seiner Verbündeten USA | |
und Japan handelt es sich aber in Wahrheit um den Test einer | |
atomwaffenfähigen Langstreckenrakete. | |
Bereits am 6. Januar hatte Nordkorea eine weiteren Atomtest durchgeführt, | |
der nach eigenen Angaben der Test einer Wasserstoffbombe war. Mit seinen | |
Tests verstößt Nordkorea gegen UN-Resolutionen und ist deshalb seit Jahren | |
scharfen Sanktionen ausgesetzt. | |
Am Mittwoch hatte auch Japans Regierung ihre Sanktionen erneut verschärft. | |
So dürfen keine Schiffe aus Nordkorea mehr Japan anlaufen und auch keine | |
Schiffe aus Drittstaaten, die vorher in Nordkorea waren. | |
11 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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