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# taz.de -- UN-Bericht über Gewalt in Syrien: Ein Land voller Mord und Folter
> Tausende gefangene Menschen in der Hand des Regimes wurden systematisch
> misshandelt und getötet. Doch auch andere Gruppen machen sich schuldig.
Bild: Ein syrischer Aktivist zeigt, wie er vom „Islamischen Staat“ gefolter…
Genf taz | Im Syrienkonflikt haben die Regierungstruppen, mit ihnen
verbündete Milizen sowie die vier Geheimdienste und die Polizeikräfte seit
März 2011 in Gefängnissen und anderen Hafteinrichtungen zahlreiche Menschen
ermordet, zu Tode gefoltert, verhungern lassen oder bei Massenerschießungen
hingerichtet. In deutlich geringerem Ausmaß wurden derartige
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit auch von bewaffneten
Rebellengruppen verübt sowie von dem syrischen Al-Qaida-Ableger
Al-Nusra-Front und vom „Islamischen Staat“.
Zu diesem Ergebnis kommt die „Unabhängige internationale
Untersuchungskommission zu Syrien“ des UN-Menschenrechtsrates in einem am
Dienstag in Genf [1][veröffentlichten Bericht]. Der Bericht umfasst
Ereignisse im Zeitraum vom 10. März 2011 bis zum 30. November 2013. Er
basiert auf 621 Interviews, die die Kommission unter Vorsitz des
Brasilianers Paulo Sérgio Pinheiro geführt hat, sowie auf schriftlichen
Beweisdokumenten.
Unter den Interviewten waren mehr als 500 Überlebende aus
Hafteinrichtungen, die Folter, sexualisierte Gewalt und andere inhumane
Behandlungen von Mitgefangenen bezeugten. Über 200 dieser Zeugen erlebten
die Ermordung von Mitgefangenen. Zudem stützt sich der Bericht auf Aussagen
von Familienangehörigen, denen die Regierungsbehörden mitteilten, ihre
Verwandte seien „eines natürlichen Todes gestorben“.
Die Regierung Assad hat dem UN-Untersuchungsausschuss stets die Einreise
nach Syrien verweigert. Daher konnte der Ausschuss sich kein umfassendes
Bild der Lage machen und „die vollständige Zahl der Todesopfer in
Hafteinrichtungen nicht ermitteln“. Der Ausschuss geht aufgrund seiner
Ermittlungen aber davon aus, dass „zu jedem Zeitpunkt seit März 2011
Zehntausende Personen in Einrichtungen der Regierung inhaftiert waren“.
## Strafrechtliche Verfolgung gefordert
Der Ausschuss sieht es als erwiesen hat, dass die syrische Regierung und
ihr Sicherheitsapparat in „systematischer Weise“ Menschen willkürlich
verhaften, verschwinden lassen sowie in Hafteinrichtungen foltern und
ermorden. Zum Teil geschahen diese Verbrechen auch in Militärhospitälern.
Über die Toten und die Umstände ihres Ablebens würden „akribische Berichte…
für die Verantwortlichen in Militär, Polizei und Politik angelegt. Der
Bericht enthält detaillierte Zeugenbeschreibungen grausamer Folter sowie
die Lagekarten und Namen auch bislang geheimer Haft- und
Foltereinrichtungen.
Die Milizen des „Islamischen Staates“ haben laut dem Bericht ähnliche
Verbrechen gegen Zivilisten in den von ihm kontrollierten Gebieten begangen
sowie Kriegsverbrechen zum Beispiel durch die Massenerschießung von
gefangenen Regierungssoldaten oder von Kämpfern diverser Rebellengruppen.
Den Rebellengruppen sowie der Al-Nusra-Front, dem syrischen Ableger des
Al-Qaida-Netzwerks, hält der Bericht ebenfalls die Ermordung und andere
Kriegsverbrechen gegen inhaftierte Regierungssoldaten und Kämpfer
konkurrierender Rebellengruppen vor.
Der UN-Ausschuss empfiehlt dem Sicherheitsrat, den Internationalen
Strafgerichtshof „oder eine andere Justizinstanz“ mit der strafrechtlichen
Verfolgung der dokumentierten Verbrechen zu beauftragen. Der
Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates gehören neben dem
Vorsitzenden Paulo Sérgio Pinheiro aus Brasilien die US-Amerikanerin Karen
Koning Abu Zayd sowie Carla del Ponte aus der Schweiz und der Thailänder
Vitit Muntarbhorn an.
9 Feb 2016
## LINKS
[1] http://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/HRCouncil/CoISyria/A-HRC-31-CRP1_en…
## AUTOREN
Andreas Zumach
## TAGS
Genf
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„Islamischer Staat“ (IS)
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