# taz.de -- Kommentar Weltwirtschaftsforum Davos: Einwanderung und Fortschritt | |
> Flüchtlinge als Chance: Statt Ängsten stellen die Teilnehmer des | |
> Weltwirtschaftsforums das positive Potenzial der Zuwanderung heraus. | |
Bild: Häppchen und gute Stimmung in Davos. | |
Wie Angela Merkel im Sommer sagen die Manager jetzt: „Wir schaffen das“. So | |
war die vorherrschende Stimmung beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos. | |
Die anwesenden Ökonomen betonten die Vorteile von Migration. Die hohe Zahl | |
der Flüchtlinge, die nach Europa kommen, sehen sie in erster Linie als | |
Chance. Ist diese Argumentation nicht einseitig? | |
Ja, das ist sie. Wenn es bloß um die wirtschaftlichen Effekte geht. Mehr | |
Menschen, die zu uns kommen, erzeugen hierzulande eine höhere Nachfrage. | |
Das Wachstum nimmt zu. Wenn viele Zuwanderer innerhalb weniger Jahre | |
Arbeitsplätze finden, zahlen sie außerdem Steuern und Beiträge für die | |
Sozialversicherung. Unternehmen können talentierte junge Leute gut | |
gebrauchen. Alles richtig. | |
Aber ein Politiker wie Wolfgang Schäuble kann das, muss das sogar anders | |
sehen. Der deutsche Finanzminister denkt an seine Wähler, die aus | |
irgendwelchen Gründen gegen Flüchtlinge sind – vielleicht weil sie Angst | |
haben. Er macht sich möglicherweise Sorgen um die christliche Religion, | |
deren Einfluss langfristig zurückgedrängt wird, wenn mehr Menschen | |
islamischen Glaubens hier leben. | |
Auf dem Weltwirtschaftsforum entschied man sich dafür, nicht die Ängste | |
herauszustellen. Sondern starke Argumente wie das von Oxford-Professor Ian | |
Goldin: „Migration war immer eine der wichtigsten Ursachen von menschlichem | |
Fortschritt.“ Bei diesem Gedanken geht es um Offenheit, um die Möglichkeit, | |
in der Auseinandersetzung mit Fremden auf neue Ideen zu kommen. | |
In dieser Hinsicht werden uns die Flüchtlinge, wenn sie hier bleiben, mit | |
ihren anderen, für uns neuen Ideen vorwärts drängen. Dass manche von ihnen | |
mit Meinungen und Verhalten ins Land kommen, die wir hinter uns lassen | |
wollen, ändert nichts am grundsätzlich kreativen Potenzial von Zuwanderung. | |
Wenn man die Botschaft des Weltwirtschaftsforums so versteht, ist die | |
Sichtweise der Ökonomen nicht mehr einseitig. | |
24 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
## TAGS | |
Davos | |
Weltwirtschaftsforum | |
Schwerpunkt Flucht | |
Sozialversicherung | |
Davos | |
Davos | |
Wolfgang Schäuble | |
Schwerpunkt Flucht | |
Davos | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Debatte über Versicherungsbetrug: Alter Sumpf treibt neue Blüten | |
CDU fordert, den mutmaßlichen massenhaften Sozialversicherungbetrug eines | |
Bremerhavener Vereins lückenlos aufzuklären. Die Betroffenen sollen derweil | |
weg. | |
Wirtschaftsforum für mehr Asyl: Davos sieht Flüchtlinge positiv | |
Manager und Ökonomen betonen im Schweizer Bergort die Vorteile der | |
Einwanderung für die betroffenen Länder – Politiker die Nachteile. | |
Weltwirtschaftsforum in Davos: Zugang zu den Mächtigen | |
Vier Tage lang trifft sich die Wirtschaftselite in Davos. Was bringt es der | |
Oxfam-Gründerin am Gipfel teilzunehmen? | |
Weltwirtschaftsforum in Davos: Schäuble fordert Marshallplan | |
Europa soll die Nachbarländer Syriens unterstützen, damit Fluchtwillige | |
dortbleiben. Deutschland würde zahlen – wenn andere mitmachen. | |
Folgen des Wiener Beschlusses: Obergrenze. Obergrenze? | |
Es ist unwahrscheinlich, dass Österreich seine Grenzen schließt. Doch der | |
Beschluss setzt Merkel unter Druck. Die wichtigsten Fragen und Antworten. | |
Superreiche in der internationalen Politik: Unternehmung Gemeinwohl | |
Das IWF in Davos ist im Gange. Mit dabei: Superreiche und ihre Stiftungen. | |
Eine Studie der NGO Misereor übt Kritik an deren Investitionen. |