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# taz.de -- Kommentar Elefantenrunde im Fernsehen: Eine Runde für den Friedhof
> Alle streiten wegen der AfD-Teilnahme bei den Wahltalkrunden. Dabei
> sollten wir uns fragen, warum es diese Fernsehfossilien überhaupt noch
> gibt.
Bild: Als Elefanten noch große Tiere waren...
Die Aufregung um die Teilnahme der AfD bei den Elefantenrunden in Mainz
(und in Stuttgart) ist schwer verständlich – denn eigentlich wäre Jubel
angebracht. Endlich führt sich dieses traurige Relikt einer untergegangenen
Medien- und Politiklandschaft so ad absurdum, dass wir bald keine
Elefantenrunden mehr haben werden. Welch eine Erlösung!
Es ist nicht zu verleugnen: Wer noch das Privileg hatte, in den 70er und
80er Jahren Franz-Josef Strauß in Elefantenrunden der ARD oder ZDF nach
Bundes- oder Landtagswahlen zu erleben, zugeschaltet vom Bayerischen
Rundfunk aus München, schwitzend, betrunken und polternd – das war großes
Kino.
Auch Willy Brandt, Joschka Fischer oder Herbert Wehner hatten, zumindest
der Erinnerung nach, da ganz große Momente. Das war scharf, bissig, lustig
oft und auf jeden Fall unterhaltsam. Der Niedergang der Kunstform
Elefantenrunde begann, wie vieles, mit Helmut Kohl, aber das ist eine
andere Geschichte.
Was wir dagegen seit Jahren als Elefantenrunden erleben, ist ein Elend, ein
langweiliges zumal. Da kommen Politikerinnen und Politiker zusammen, die
zunächst wortreich allen danken, die sie gewählt haben oder im Wahlkampf
geholfen haben. Dann wird das eigene Wahlergebnis auf eine jede Intelligenz
beleidigende Art und Weise schöngeredet, und sei es noch so desaströs.
Schließlich fragen überforderte Medienleute die Fragen, die sie fragen
müssen: nach zukünftigen Koalitionen vor allem – und die Antwort muss
natürlich sein: Das bespreche ich erst einmal mit meinen Parteigremien, na
klar, so muss es sein in einer Demokratie, die kluger Weise auch
innerparteiliche Demokratie einfordert. Das Ganze ist so vorhersehbar und
öde, dass der Griff zur Fernbedienung fürs Weiterzappen beinahe zur
Notwendigkeit einer geistigen Gesundheit wird: Das ist nicht mit anzusehen!
Elefantenrunden hatten vielleicht ihren Sinn in einer Medienlandschaft, in
der es nur zwei bundesweite TV-Anstalten und eine Handvoll überregionale
Zeitungen gab – in Zeiten also, in denen sich Politik viel weniger als
heute dauernd in vielen, vielen Medien erklärte oder erklären musste. Es
gab zudem noch keine oder nur wenige Talkshows, in denen das politische
Spitzenpersonal sich und seine Politik darstellen oder für politische
Positionen werben konnte.
Die Koalitionsmöglichkeiten waren geringer, man musste sich in den
Elefantenrunden weniger mit festlegenden Aussagen zurückhalten. Denn es war
ja eigentlich schon klar, wer mit wem konnte – und wer nicht. Und es gab,
im Großen und Ganzen, mehr kantige Frauen und Männer in der Politik, die
nicht durch die Dauerüberwachung der Medien- und Erregungsgesellschaft über
Jahre glatt geschliffen worden waren. Nicht, dass dadurch die Politik
besser war, natürlich nicht, aber sie war zumindest unterhaltsamer.
Wenn nun die Zeit der Elefantenrunden zu Ende geht, ist das nur gut: Man
sollte ihnen keine Tränen nachweinen. Nicht zuletzt die
öffentlich-rechtlichen Sender wären von einer Last befreit – Gott sei Dank
sind auch sie in der Regel nicht mehr so umklammert von der Parteipolitik.
Sie haben die Freiheit, den schon fossilierten Elefantenscheiß namens
Elefantenrunde zu entsorgen.
23 Jan 2016
## AUTOREN
Philipp Gessler
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt AfD
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Malu Dreyer
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