# taz.de -- Grundeinkommen mit Ökofaktor: Rauch zu Geld | |
> Eine Bürgerbewegung will eine Umverteilung à la Robin Hood: Wer viel CO2 | |
> emittiert, soll zahlen. Das Geld soll weniger Betuchten zugutekommen. | |
Bild: Einfamilienhäuser. Da könnte emissionsmäßig einiges anfallen | |
FREIBURG taz | Klimaschutz und Grundeinkommen in einem Paket – diese Idee | |
findet international immer mehr Unterstützer. Das Konzept ist einfach: CO2 | |
wird besteuert, das eingesammelte Geld anschließend pro Kopf wieder | |
ausgeschüttet. | |
Entsprechende Initiativen sind unter dem Namen Citizens’ Climate Lobby | |
inzwischen in den USA, aber auch zum Beispiel in Frankreich und | |
Großbritannien, in Australien, Brasilien, Kanada und Indien vertreten. Auch | |
in Deutschland gibt es nun einen entsprechenden Verein, der unter dem Namen | |
[1][“Bürgerlobby Klimaschutz“] firmiert. | |
Martin Delker, ein Münchner Architekt, ist der Vorsitzende des Vereins. Den | |
Begriff Grundeinkommen nutzt er zwar in diesem Zusammenhang nicht, spricht | |
lieber von einer Klimadividende. Schließlich werden die Summen, die | |
jährlich ausgeschüttet werden, zumindest vorerst noch keine Höhe erreichen, | |
die ernsthaft als Grundeinkommen durchgeht. | |
Aber als einen ersten Baustein dessen kann man die Klimadividende | |
zweifellos betrachten, weil eben jeder Bürger die Auszahlung erhält und der | |
Betrag, so die Idee, Jahr für Jahr erhöht wird. | |
Dass das Konzept praktizierbar ist, beweist seit Jahren die Schweiz mit | |
ihrer Lenkungsabgabe. Auch die kanadischen Bundesstaaten British Columbia | |
und Alberta haben eine Rückverteilung pro Kopf für einen Teil ihrer | |
CO2-Steuereinnahmen bereits gewählt. In der Schweiz wurde die Steuer auf | |
Brennstoffe Anfang 2016 auf 84 Schweizer Franken pro Tonne CO2 erhöht, | |
entsprechend etwa 77 Euro. | |
Daraus ergibt sich zum Beispiel beim Heizöl ein Aufschlag von 22 Rappen | |
(rund 20 Cent) je Liter. Auch Erdgas und Kohle werden entsprechend | |
belastet. Im Gegenzug gibt es eine jährliche Rückerstattung pro Kopf in | |
Höhe von aktuell 62,40 Franken, rund 57 Euro. Das Geld wird über die | |
Krankenversicherer ausgeschüttet, die über das aktuellste Einwohnerregister | |
verfügen, da die Grundversicherung in der Schweiz obligatorisch ist. | |
Dass die Rückerstattung pro Kopf erfolgt, ist für die Unterstützer der Idee | |
entscheidend. Denn Untersuchungen, wie zuletzt von Forschern des | |
[2][Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change] (MCC) | |
in Berlin, zeigen, dass dadurch eine willkommene Umverteilung stattfindet: | |
Ärmere Bürger bekommen in der Regel mehr Geld zurück, als sie eingezahlt | |
haben, bei den Reichen ist es umgekehrt. | |
## Anreiz für Effizienz | |
Darüber hinaus brauche man die Rückerstattung aus politischen Gründen, sagt | |
Delker. Denn nur wenn klar sei, dass die Gelder den Bürgern wieder | |
unmittelbar zugutekommen, werde man politische Mehrheiten für eine | |
CO2-Steuer bekommen. Und wenn das Konzept langfristig angelegt und | |
berechenbar sei, bekomme man auch die Firmen mit ins Boot, die immer auf | |
verlässliche Rahmenbedingungen drängen. | |
Ein jährlich um zehn Dollar steigender Preis pro Tonne CO2, sei ein guter | |
Weg, sagt Delker. „Industrie wie Konsumenten können sich auf die steigenden | |
Preise einstellen, die Produkte werden sich ändern, und es gibt einen | |
starken Anreiz, die Energieeffizienz zu erhöhen.“ | |
Diese Idee in die Welt zu tragen hat sich die Citizens’ Climate Lobby | |
vorgenommen: Bürger würden zu „ehrenamtlichen Lobbyisten“, die im Sinne d… | |
Klimas auf die Politik einwirken. Grundsätzlich strebe man eine globale | |
CO2-Bepreisung an, sagt Delker, aber für den Anfang seien auch nationale | |
Lösungen sinnvoll. | |
In der deutschen Politik jedenfalls, sagt Delker, stoße man mit der | |
Klimadividende bei den Parteien durchweg auf Interesse. Für ihn keine | |
Überraschung: „Zwei Drittel der Haushalte profitieren von der | |
Pro-Kopf-Rückzahlung einer solchen CO2-Abgabe.“ | |
29 Jan 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://de.citizensclimatelobby.org/ | |
[2] https://www.mcc-berlin.net/ | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Umverteilung | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
CO2 | |
Grundeinkommen | |
Konsum | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ökonom über Kauf von Bio-Produkten: „Deutsche haben schwierige Haltung“ | |
Umweltfreundliche Produkte finden die Meisten gut – trotzdem kaufen viele | |
anders ein. Dominik Enste vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) | |
erklärt, warum. | |
Kohle auf dem Klimagipfel: Das Phantom von Paris | |
Auf der Klimakonferenz fehlen die großen Kohlefirmen. Die Dreckindustrie | |
hat nur ihre Strategie geändert. | |
Klimaforscher über die Erde: „Wir müssen unser Leben ändern“ | |
Klimaforscher Mojib Latif will, dass wir die Welt retten. Er fordert eine | |
Steuer auf alle Ressourcen – und verrät, wie er trotz der drohenden | |
Apokalypse entspannt bleibt. | |
UN-Bericht zum Klimawandel: Mutmacher für zögerliche Länder | |
Die Vereinten Nationen fordern sofortiges Handeln bei Waldschutz, Ökostrom | |
und CO2-Steuern. Doch in vielen Ländern fehlt noch der Wille. |