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# taz.de -- Wahlen in Zentralafrika: Gescheiterte unter sich
> Ein überraschendes Ergebnis sorgt für eine einseitige Stichwahl. Zwei
> Kandidaten aus dem gleichen politischen Lager treten gegeneinander an.
Bild: In der Stichwahl: Anicet-Georges Dologuélé.
Berlin taz | Wahlen in der Zentralafrikanischen Republik gleichen
persönlichen Fehden. Das Land hat nur rund zwei Millionen erwachsene
Einwohner, alle Politiker kennen sich, und seit dem Zusammenbruch des
Staates vor drei Jahren hat keiner von ihnen wirklich etwas zu sagen. Umso
verzweifelter stritten sich die 30 Politiker, die zur ersten Runde der
Präsidentschaftswahlen am 30. Dezember 2015 antraten: Nur zwei kommen in
die Stichwahl, der Rest verschwindet in der politischen Versenkung.
Das Endergebnis der ersten Runde konnte erst am 25. Januar vom
Verfassungsgericht bestätigt werden, denn es überraschte alle. Der von
vielen Beobachtern als Spitzenreiter und Favorit der Franzosen angesehene
Michel Ziguélé, Führer der letzten halbwegs funktionierenden
Regierungspartei MLPC (Zentralafrikanische Volksbewegung) aus den 1990er
Jahren, landete mit 10,8 Prozent abgeschlagen auf dem vierten Platz.
Sieger wurde Ziguélés schärfster Rivale Anicet Georges Dologuélé,
ehemaliger Zentralbankchef, hinter den sich der 2013 gestürzte Exdiktator
und MLPC-Feind François Bozizé gestellt hatte und der für eine neue
maßgeschneiderte Partei Urca (Union für die Zentralafrikanische Erneuerung)
angetreten war. Er bekam allerdings nur 23,8 Prozent, rund 281.000 gültige
Stimmen.
Dologuélés Gegenkandidat in der Stichwahl wird Bozizés letzter
Premierminister Faustin Archange Touadéra, den viele Zentralafrikaner in
unrühmlicher Erinnerung haben. Er erzielte als Parteiloser 19,4 Prozent.
## Nicht mal die Hälfte der Stimmen
Zwei Figuren aus dem Umfeld des im Exil lebenden Bozizé, der die
Zentralafrikanische Republik während seiner Herrschaft 2003 bis 2013
ruiniert hatte, machen nun also die zweite Runde der Präsidentschaftswahl
am kommenden Sonntag unter sich aus. Beide haben Unterstützung von
rivalisierenden Flügeln von Bozizés Partei KNK (Arbeit, nichts als Arbeit).
Beide zusammen erzielten in der ersten Runde aber nicht einmal die Hälfte
der Wählerstimmen. Die Wahl dürfte also kaum dazu beitragen, die tiefen
Gräben in der Politik des Bürgerkriegslandes zu überwinden.
Sechs der insgesamt 30 Kandidaten hatten gegen das Ergebnis geklagt. Eine
Partei monierte, die amtliche Zahl der abgegebenen Stimmen sei von zunächst
rund 1,5 auf rund 1,2 Millionen geschrumpft, von denen fast zehn Prozent
für ungültig erklärt wurden. Ziguélé behauptete, die Wahlkommission habe
die Ergebnisse von 205 Wahllokalen weggelassen und in vielen Orten hätten
Bewaffnete seine Beobachter von der Auszählung ferngehalten.
Aus Bozizés Umfeld kommen nicht nur die beiden Sieger, sondern auch die
Anti-Balaka-Milizen, die 2014 die meisten Muslime der Zentralafrikanischen
Republik getötet oder vertrieben hatten. Sie sind die mächtigsten
Kriegsparteien des Landes und in mehrere Fraktionen gespalten. Ihre
Entwaffnung gilt als wichtigste Aufgabe des nächsten Präsidenten, aber wenn
er ihnen seinen Sieg verdankt, dürfte das schwierig werden.
Das Verfassungsgericht hat nun das Ergebnis der ersten Runde der
Präsidentschaftswahl bestätigt, das der gleichzeitig stattgefundenen ersten
Runde der Parlamentswahl aber annulliert – wegen massiver
Unregelmäßigkeiten.
26 Jan 2016
## AUTOREN
Dominic Johnson
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