| # taz.de -- Holger Strohm klagt gegen kritischen Film: Unfriedlich nach rechts | |
| > Ökopionier Holger Strohm geht gerichtlich gegen einen kritischen | |
| > Youtube-Film vor, der ihn ihn als rechten Verschwörungtheoretiker zeigt. | |
| Bild: Klagt gegen Kritiker: Holger Strohm, Autor von „Friedlich in die Katast… | |
| HAMBURG taz | Gegen Zensur hat er sich immer gewehrt. „Wer die | |
| Meinungsfreiheit stranguliert, die Menschenrechte mit Füßen tritt, | |
| erdrosselt die Menschlichkeit und unterdrückt die Wahrheit“, zitiert er | |
| gerne den Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo. | |
| Am Donnerstag ging der Ökopionier Holger Strohm jedoch selbst vor dem | |
| Hamburger Landgericht gegen einen [1][Kurzfilm auf Youtube vor, in dem der | |
| Filmemacher Jörg Bergstedt nachzeichnet], wie der Autor des | |
| Anti-Atom-Klassikers „Friedlich in die Katastrophe“ aus Empörung und | |
| Verzweiflung wegen des menschlichen Handelns gegen Natur und Umwelt eine | |
| „Neigung zu rechtsoffenen bis rechten, vereinfachten Welterklärungen“ | |
| entwickelt habe. | |
| In dem strittigen, knapp 20-minütigen Film setzt sich Bergstedt mit Strohms | |
| Verfilmung von „Friedlich in die Katastrophe“ sehr kritisch auseinander. | |
| Anhand von Auszügen aus dem Film hält er Strohm vor, Verschwörungstheorien | |
| und rechte Argumentationen zu verbreiten. Genau da setzt die Klage an: | |
| Strohm, der gerne betont, er habe drei Berufsverbote wegen Linkslastigkeit | |
| bekommen, sieht durch die langen, aus seinem Film übernommenen Passagen das | |
| Urheberrecht verletzt. | |
| Im Gerichtssaal lächelt Strohm, im blauen Anzug mit dunkler Krawatte, | |
| Bergstedt an. Als der jedoch sagt, dass er mit seinem Film Strohms Weg nach | |
| weit rechts dokumentieren wollte und darum auch vor Gericht streiten wolle, | |
| reagiert Strohm empört. Mit tiefer Stimme kontert der gebürtige Lübecker, | |
| dieser „Nazi-Vorwurf“ sei eine Beleidigung. Bis heute versteht er sich als | |
| Anarchist. | |
| Im Saal ist spürbar: Strohm würde sich hier gerne selbst viel stärker | |
| einbringen, obwohl in der Güteverhandlung gar nicht der Inhalt verhandelt | |
| werden soll. Er ist Reden und Streiten gewohnt, er war und ist ein | |
| Umtriebiger. In Berlin studierte er Fertigungstechnik, in Toronto Business | |
| Administration, in Göteborg und Hamburg Erziehungswissenschaften. Als | |
| Berufsschullehrer, Organisations- und Industrieberater war er tätig. | |
| 1971 schrieb er seinen Bestseller. 80 Verlage sollen das Buch abgelehnt | |
| haben, ehe es 1973 erschien. Mit „Friedlich in die Katastrophe“ gab er der | |
| Anti-Atom-Bewegung ein seriöses Fundament. 1978 verfehlte er als | |
| Spitzenkandidat der Bunten Liste Hamburg den Einzug in die Bürgerschaft. | |
| „In seiner Synthese von Umwelt- und Friedensbewegung liefert er zudem die | |
| Raison d‘être der Grünen“, stand unlängst in der taz. | |
| Die taz war es auch, die Ende 2012 auf ein Interview von Strohm im | |
| rechtsextremen Ökomagazin Umwelt & Aktiv (U&A) hinwies. Dort sagte Strohm: | |
| „Ich habe mich immer dagegen gewehrt, dass man sagt: ,Mit den | |
| Schmuddelkindern, mit den Kommunisten, den Nazis darfst du nicht spielen!‘“ | |
| Er schimpfte, schon bei der Bunten Liste hätten sich viele Kommunisten nur | |
| wegen der „politischen Karriere“ um „Umweltschutz“ gekümmert. Die heut… | |
| Grünen-Spitze wolle ebenfalls nur „Karriere machen“ und sei | |
| „unglaubwürdig“. Bei U&A heißt das kurz: „Umweltschutz ist nicht grün.… | |
| Strohm betonte auch: „In jeder Gruppierung gibt es gute und böse Menschen. | |
| Für mich ist die politische Überzeugung kein Maßstab.“ Es gebe „selbst | |
| unter Nazis gute Menschen“. Für ihn sei vielmehr „ein Maßstab, ob man geg… | |
| Atomenergie ist, ob man für die Menschheit ist“. | |
| In U&A hat er seitdem öfter geschrieben. Auf Youtube finden sich Interviews | |
| mit Strohm, in denen er darlegt, dass die Grünen jetzt eine Partei für | |
| sexuelle Minderheiten und Migranten seien; dass „Rassen“ geschaffen werden | |
| sollten, deren Intelligenzquotient bei 90 liegt, denn diese seien leichter | |
| zu kontrollieren; dass Bundeskanzlerin Angela Merkel jüdisch sei und | |
| muslimische Migranten in Schweden Schulverweigerer seien. | |
| Das Gericht versuchte, Kläger und Beklagten zu einer Vereinbarung zu | |
| bewegen. Sie seien doch gemeinsam gegen Atomenergie und sollten sich wegen | |
| des „großen gemeinsamen Ziels“ nicht zerstreiten, so der Appell. Ohne | |
| Erfolg: Am 25. Februar muss das Gericht eine Entscheidung verkünden. Strohm | |
| hofft auf Schadenersatz. Bergstedt hat inzwischen schon einen längeren Film | |
| über Strohm ins Netz gestellt. | |
| 21 Jan 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.youtube.com/watch?v=wLorayDYVIw | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
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