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# taz.de -- Umweltmonster Kreuzfahrt: Wo Königinnen stinken
> Die Saison der Luxusliner im Norden beginnt. Alle Häfen hoffen auf mehr
> Schiffe, Umweltprobleme sind trotz neuer Landstromanlage weiter ungelöst.
Bild: Befördert Fluchttendenzen: Die nicht emissionsfreie „Norwegian Escape�…
HAMBURG taz | Es beginnt königlich, und es soll prima enden. Am Freitag um
7 Uhr morgens eröffnen die „Queen Victoria“ und die „Queen Elizabeth“ …
altehrwürdigen britischen Cunard-Reederei mit ihrer Ankunft die
Kreuzfahrtsaison 2016 in Hamburg und damit in Norddeutschland, am
Silvestertag soll die „Aida Prima“ sie beenden. Dazwischen liegt, so hofft
die Branche, ein Jahr der Rekorde: 160 Schiffe mit 660.000 Passagieren
werden in Hamburg erwartet, rund ein Viertel mehr als im abgelaufenen Jahr
(siehe Kasten).
Ähnlich sieht es in den anderen norddeutschen Häfen aus: Kiel und Rostock
erwarten jeweils rund 400.000 Passagiere, Bremerhaven, das sich rühmt, „das
modernste und sicherste Kreuzfahrt-Terminal Europas“ zu haben, will die
Zahl seiner Fahrgäste von 66.000 auf 95.000 steigern – der Trend zum
schwimmenden Hotel ist ungebrochen.
Das stinkt Umweltschützern gewaltig, denn die ökologischen Probleme mit den
Luxuslinern sind weiterhin zu großen Teilen ungeklärt. Es gebe noch immer
viel zu wenige Schiffe mit umweltfreundlichen Abgastechniken, kritisiert
Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik beim Naturschutzbund (Nabu) in Hamburg.
Deshalb seien 2016 auch „negative Emissionsrekorde durch die nahe an
Wohngebieten anlegenden Mega-Schiffe“ zu befürchten. Die Schiffe müssten
selbst über Systeme zur Abgasnachbehandlung verfügen, fordert Siegert:
„Denn diese wirken nicht nur im Hafen, sondern auch auf der 120 Kilometer
langen Revierfahrt bis zur Elbmündung sowie in internationalen Gewässern.“
Zugleich lobt der Nabu erste ökologische Schritte großer Reedereien wie
Aida und Costa. Die hatten im vorigen Jahr angekündigt, je zwei Neubauten
mit Flüssiggasantrieb (LNG) ausrüsten zu lassen. Dadurch würden die
Emissionen von Schadstoffen weitgehend vermindert. Vor 2019 allerdings wird
keines der Schiffe vom Stapel gelaufen sein. „Unser jahrelanger Einsatz für
saubere Schiffe zeigt Wirkung“, freut sich Siegert dennoch: „Das ist ein
wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“
Durch das Vorbild von Aida und Costa würde die gesamte Schifffahrtsbranche
unter Druck gesetzt, sich stärker im Umweltschutz zu engagieren. Dennoch
sieht er den flüssiggasbetriebenen Luxusliner lediglich als
Brückentechnologie: „Das ist immer noch ein fossiler Brennstoff.“ Der
Antrieb der Zukunft sei „ein Mix aus Sonne, Wind und Wasserstoffzelle“.
Aber das werde „sicher noch einige Jahre dauern“, räumt er ein.
Bereits 2013 hatte Aida-Umweltdirektorin Monika Griefahn angekündigt, mit
einem „Green-Cruising-Konzept“ Vorreiter in der Branche werden und
„Maßstäbe im Umweltschutz“ setzen zu wollen. Schließlich, so die ehemali…
Greenpeace-Chefin und frühere niedersächsische Umweltministerin, lebe der
Kreuzfahrttourismus „von sauberer Umwelt und sauberen Meeren“.
In Hamburg setzt Aida deshalb seit Mai vorigen Jahres eine mit Flüssiggas
angetriebene LNG-Barge ein: Das schwimmende Gaskraftwerk versorgt
Luxusliner am Kai mit sauberem LNG-Strom, die Schiffe können ihre
Dieselaggregate abstellen. Zudem soll die erste Landstromanlage – eine
Steckdose mit Öko-Strom – im Mai am Terminal Altona in Betrieb gehen. Gut,
aber nicht gut genug für Siegert: „2015 hat nur ein einziges
Kreuzfahrtschiff in Hamburg LNG-Strom genutzt – das muss sich in 2016
ändern.“
Doch es gibt Hoffnung: Zwei Stunden nach Ankunft der beiden „Queens“, um 9
Uhr am Freitag, unterzeichnen Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne),
Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) und Handelskammer-Präses Fritz
Horst Melsheimer eine „Partnerschaft für Luftgüte und schadstoffarme
Mobilität“, an der sich mehr als 200 Unternehmen beteiligen – darunter
mehrere Fahrradkurierdienste, aber keine einzige Reederei.
6 Jan 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Kreuzfahrt
Emissionen
Kreuzfahrt
Energiewende
Elbe
Hamburg
Elbe
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