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# taz.de -- Debatte CSU-Klausur in Wildbad Kreuth: Völker, schaut auf dieses K…
> Kreuth ist ein Festival des populistischen Irrsinns: Fußfesseln,
> Dixie-Klos voller Flüchtlingspässe, Söders offene Kirchentür: A Wahnsinn!
Bild: Ein Name, auf ewig mit drei großen Buchstaben besudelt: Wildbad-Kreuth.
Endlich ist die CSU wieder so richtig wichtig. Sogar in Syrien und im Irak.
In einer ersten Terrorwarnung, in deren Folge München in der Silvesternacht
in partiellen Ausnahmezustand versetzt wurde, soll schließlich das Datum 6.
Januar genannt worden sein. Also jener Tag, an dem die CSU die von ihr
selbst zur Dauerlegende hochstilisierte Klausurtagung in Wildbad Kreuth
kurz hinter dem Tegernsee beginnt.
Bayerische Zeitungen machen sich jetzt bereits Sorgen: Fliegt Kreuth in die
Luft? Das liest sich so, als sei die Klausurtagung der Christsozialen schon
seit Monaten Thema in der IS-Sympathisantenszene gewesen.
Auch wenn niemand wirklich sagen kann, was das Ziel der potenziellen Täter
war, von denen niemand weiß, ob es sie wirklich gibt, posaunt die CSU in
die Welt hinaus: Völker, schaut auf dieses Kaff! Sie prahlt damit, dass
sich sogar der britische Premier David Cameron angekündigt hat. Die CSU
lädt sich ja gern mal jemanden ein, der ihr bestätigt, dass es schon
richtig ist, wenn man nicht alle reinlässt, die wollen – und seien sie noch
so verfolgt. Den ungarischen Zaunkönig Victor Orbán hat die CSU ja schon
umschlungen.
So ein internationaler Star, der schmückt eine Partei wie die CSU, deren
letzter außenpolitischer Erfolg die gelungene Landung eines mit der
gesamten Parteispitze beladenen und von Partei-Idol Franz-Josef Strauß
höchstpersönlich gesteuerten Flugzeugs auf der verschneiten Piste eines
Moskauer Flughafens im Jahr 1987 war. Die CSU ist also endlich einmal
wieder sauwichtig.
## Fußfesseln und anderer Blödsinn
Und wenn die CSU-Abgeordneten am Dreikönigstag in den Himmel schauen und
die zur Absicherung ihrer Tagung kreisenden Helikopter zählen, dann werden
sie sich gewiss stark genug fühlen, um dieser Frau aus dem Osten, die sie
als Kanzlerin mitgewählt haben, noch einmal zu zeigen, wie man sich als
Gastgeber nicht verhält. Dass der Besuch in Kreuth keine kuschelige
Kaminveranstaltung für Angela Merkel wird, das ist seit dem Wochenende
klar, als der bayerische Staats- und Parteichef Horst Seehofer die Zahl
200.000 genannt hat. Mehr Flüchtlinge und Asylbewerber sollen pro Jahr
nicht kommen dürfen, hat er gesagt.
Man möchte gar nicht wissen, was die CSU mit der Person anstellen will, die
als Nummer 200.001 nach Deutschland einreisen will. Zurück nach . . . ja,
wohin mit diesem unerwünschten Element? Egal. Der CSU wird schon noch
irgendein Blödsinn einfallen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer
elektronischen Fußfessel? War da nicht was?
Ja, die Fußfessel soll ja den sogenannten Gefährdern ans Bein gebunden
werden, also Leuten, von denen die Sicherheitsbehörden glauben, sie könnten
vielleicht mal einen Terrorakt begehen. Der Angstwahn, mit dem die CSU die
bayrische Bevölkerung infizieren will, ist so tief in die Köpfe der
Parteioberen gekrochen, dass die einen populistischen Irrsinn nach dem
anderen absondern.
Wer sich davon überzeugen will, muss nur mal nachlesen, was „Dr. Prag“
Andreas Scheuer Woche um Woche vom Stapel lässt. Der hat jüngst die
Behauptung aufgestellt, man könne die Zahl der einreisenden Flüchtlinge um
die Hälfte reduzieren, wenn man nur die reinlassen würde, die über
ordentliche Papiere verfügen. Im Moment sehe „die Realität leider so aus,
dass ein Teil der Flüchtlinge gültige Ausweispapiere und Meldezettel in die
Dixi-Klos in der Erstaufnahme an der Grenze stopft“, hat der Mann dem
Tagesspiegel weisgemacht. Das ist im wahrsten Wortsinn so ekelhaft, dass
schon niemand den Gegenbeweis antreten wollen wird. Wer will schon in die
Scheiße greifen, um zu überprüfen, was so alles in einem Chemie-Klo bei
Passau landet – oder eben nicht?
Derweil sendet der selbsternannte Kronprinz Seehofers in der CSU, der
bayerische Finanz- und Heimatminister Markus Söder, ein bemerkenswertes
Bild via Facebook an seine Fans. Es zeigt ihn kniend in einer Kirche.
Daneben steht seine persönliche Weihnachtsbotschaft. „Keine Tür bleibt
verschlossen. Das ist unser Weihnachten“, heißt es da. Das war schon
verlogen, bevor man wusste, dass es für einen christsozialen Christen kein
Problem ist, die Tür nach dem Zweihunderttausendsten, der hindurch will,
zuzuknallen. Dass das Weihnachtsbild des Heimatministers selbigen zeigt,
wie er am Osterfest (!) in einer orthodoxen (!) Kirche kniet, kann da
getrost als Bagatellpeinlichkeit am Rande abgetan werden.
## Hitliste der Peinlichkeiten
Weitere Unsäglichkeiten der Woche gefällig? Bitte sehr: Die CSU möchte zur
Partei der Bundeswehr werden und fordert eine Aufstockung von Personal und
Waffen. Und natürlich soll sie im Innern eingesetzt werden dürfen. Das
lässt zwar das Grundgesetz nicht zu. Aber dieses könne man ja ändern, heißt
es aus der Partei.
Wie man sich eine Verfassung zurechtbiegt, das zeigen gerade die Polen von
der PiS, auf die gewiss manch CSUler voller Bewunderung blickt. Und in der
Tat: Die CSU-Forderung, nach der nationale Parlamente EU-Gesetze aushebeln
können sollen, die könnte gut und gern auch in Warschau formuliert worden
sein. Zufall? Eher Programm. Die CSU bedient sich ohne Hemmungen am gerade
so reichlichen populistischen Angebot aus ganz Europa. Die üblichen
CSU-Affären, die beinahe im Monatstakt auffliegen, gehen bei all der
wichtigtuerischen Großpolitikspielerei beinahe unter.
Wie Staatsanwälte Ermittlungen verhindern, Lebensmittelskandale
verschwiegen werden, wie Verwandte von Landtagsabgeordneten als deren
Angestellte regelrecht gemästet werden, wie eine Staatsministerin sinistre
Geschäfte macht, indem sie psychisch Kranke ausbeutet, wie kommunale
Abgeordnete gegen Flüchtlingshelfer hetzen und dabei auch vor dem N-Wort
nicht zurückschrecken – all dass schafft es schon gar nicht mehr auf einen
oberen Platz in der Berichterstattung über die CSU. Da stehen ja schon die
ganz großen Peinlichkeiten.
Ende Oktober soll Seehofer in seinem Ärger über den Flüchtlingszustrom
damit gedroht haben, die drei CSU-Minister aus dem Bundeskabinett
abzuziehen. Selten wurde eine Drohung so sehr als Angebot verstanden. Zur
Geschichte von Kreuth würde es doch passen, wenn Seehofer dieses Angebot
erneuern würde. Hoffen wir also das Beste!
5 Jan 2016
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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