# taz.de -- Militante Bürgerwehr in Oregon: White men walking | |
> Bewaffnete Weiße besetzen ein Nationalpark-Gebäude. Weder Polizei noch | |
> Medien flippen aus. Anders als bei Protesten von Schwarzen. | |
Bild: Cowboyhut statt Kapuzenpullover: Das scheint in den USA ganz gut zu deesk… | |
Der Cowboyhut macht den Unterschied. Er steht für amerikanische Werte, für | |
Patriotismus, für die „last frontier“, die letzten Grenzen in den | |
unendlichen Weiten der USA. | |
Wenn bewaffnete weiße Männer – die Gruppe selbst spricht von 150 Menschen, | |
die Polizei vermutet lediglich etwa 20 – ein Gebäude in einem Nationalpark | |
besetzen, kann man ob der hohen Dichte an Cowboyhüten und -stiefeln getrost | |
von „Protest“ und „besorgten Bürgern“ schreiben. Trügen sie Kapuzenpu… | |
und wären Afroamerikaner oder wären es gar Muslime, der | |
24-Stunden-Berichterstattungs-Wahnsinn wäre los. | |
Die Mitglieder einer militanten Bürgerwehr und andere „besorgte Bürger“, | |
wie sie sich selbst nennen, protestieren gegen den Machtmissbrauch der | |
Regierung. Oregon besteht zum Großteil aus Farmland, das Einkommen der | |
Bewohner basiert vielfach auf Viehzucht und Holzwirtschaft. Doch das meiste | |
Land gehört dem Staat, viele Rancher müssen sich Weiderechte kaufen. | |
Jüngst wurden zwei Rancher wegen Brandstiftung auf öffentlichem Land | |
verurteilt. In ihrem Namen haben die Bewaffneten um ihren Anführer Ammon | |
Bundy das Verwaltungsgebäude des Malheur National Wildlife Refuge besetzt. | |
Und das bereits seit Samstag. | |
## Fox-News ist vorne mit dabei | |
Doch die sonst nicht zimperliche Polizei greift nach wie vor nicht ein. Am | |
Montag sollte zunächst einmal ein Krisenstab eingerichtet werden. Nicht, | |
dass unüberlegtes Eingreifen die Lösung wäre, aber in weit weniger klaren | |
Situationen zeigt sich die Polizei allzu oft „entschlussfreudiger“: [1][Ein | |
14-jähriger muslimischer Junge, der eine selbst gebastelte Uhr mit in eine | |
Schule bringt], wird wegen Terrorverdacht festgenommen und stundenlang | |
festgehalten. Und immer wieder kommt es zu tödlicher Polizeigewalt gegen | |
unbewaffnete Afroamerikaner. | |
Der US-Nachrichtensender Fox News ist – wenig überraschend – vorne mit | |
dabei und titelt [2][“Bewaffnete Protestler warnen, dass das Eingreifen der | |
Regierung Leben riskieren werde“]. Natürlich. Eine bewaffnete Miliz besetzt | |
ein Gebäude, aber es ist der Staat, der Gewalt und mögliche Leben riskiert. | |
Die New York Times schreibt neutraler von einer [3][“bewaffneten Gruppe“], | |
die Onlineseite Gawker von [4][“inländischem Terrorismus“], und in den | |
sozialen Medien ist man kreativ einen Dreh weiter und hat für die | |
Bürgerwehr und ihre Anhänger den schönen Namen [5][„YallQaeda“] erfunden. | |
Quada als Referenz zu al-Qaida, „yall“ ist Dialekt für „you all“, „i… | |
alle“. | |
Es ist absurd, wie sich die US-Medien, die doch sonst immer gern mit | |
Vor-Ort-Berichten nach Quoten gieren, im Fall Oregon zurückhalten. Das nun | |
aber als neue Seriosität auszumachen wäre unseriös, weil unwahrscheinlich. | |
Die Nähe der konservativen Medien zu der radikalen Aktion der Besetzer von | |
Oregon ist wenig überraschend. Die Argumentation von Ammon Bundy greift – | |
mit fragwürdigen Mitteln – eine in rechten Kreisen weit verbreitete Idee | |
auf: die der Überflüssigkeit des Staates. Bürgerwehren, Milizen und andere | |
Gruppierungen glauben daran, dass sich dieser in rein gar nichts einmischen | |
sollte. Rückkehr zur „last frontier“ sozusagen, mit dem Recht des | |
Stärkeren. | |
In dieses Weltbild passen weder Weideland, das dem Staat gehört, noch | |
Steuern oder auch Waffengesetze. In dieser Logik ist es demnach nur | |
konsequent, sich bewaffnet zu verschanzen. Und wenn dieser Schritt | |
mitnichten überall unterstützt wird, stoßen Schlagworte wie „individuelle | |
Freiheiten“ und „schlanker Staat“ in konservativen Kreisen grundsätzlich | |
auf Sympathien. | |
Es ist eine völlige Verklärung von amerikanischer Geschichte. | |
Doch amerikanische Geschichte ist auch, dass der US-Bundesstaat Oregon per | |
Gesetz festschrieb, dass kein Afroamerikaner dort arbeiten, leben oder Land | |
besitzen durfte, und Weiße durften niemanden heiraten, der zu einem Viertel | |
oder mehr schwarz war. Der Rassismus per Verfassung gegen Afroamerikaner | |
bestand bis 1926 fort. Doch darüber wird unterm Cowboyhut geschwiegen. | |
4 Jan 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Terrorfehlalarm-in-Texas/!5230849 | |
[2] http://twitter.com/FoxNews/status/683803864965885952 | |
[3] http://www.nytimes.com/2016/01/04/us/armed-group-vows-to-hold-federal-wildl… | |
[4] http://gawker.com/oregon-militiamen-receive-fitting-nickname-yallqaeda-1750… | |
[5] http://twitter.com/search?q=%23YallQueda&src=tyah | |
## AUTOREN | |
Rieke Havertz | |
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