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# taz.de -- Kolumne Später: Lob des jungen, coolen Mannes
> Ha, die Coole, Ältere, die sich den jüngeren Mann geangelt hat. Ist das
> ein romantisches Modell? Zur Hölle mit den Klischees.
Bild: Umgibt sich auch gerne mit jüngeren Männern: Madonna
Manchmal geb ich auch ein bisschen an, das ist nur menschlich: „Mein Mann
ist jünger“, sage ich dann lässig und genieße die neugierigen Blicke der
Zuhörenden, so als hätte ich gerade verkündet, dass Christoph mindestens 15
Jahre jünger ist und demnächst den Triathlon gewinnen wird. Ha, ich die
Coole, Ältere, die sich den jüngeren Mann geangelt hat, jung, knackig,
sportlich. Toy Boy! Ist natürlich gelogen.
Das mit dem jüngeren Mann kann ich nur bringen bei Leuten, die nicht
wissen, dass Christoph nur ein Jahr jünger ist und wir beide am liebsten
Motorrad fahren, ich hinten drauf, da übernimmt die Maschine die
Energieerzeugung. Neulich aber, als ich bei meinen selten gewordenen
Besuchen in der Kletterhalle im Bistro saß, Latte macchiato in der Hand,
fiel mir das mit dem jüngeren Mann wieder ein.
Man sieht in der Kletterhalle tatsächlich einige Frauen über 40, sportlich,
mit deutlich jüngeren Partnern. „Und du musst zugeben, Gudrun und Robin
sind ein schönes Paar“, sagt Doris, während ich mit meinen Blicken Robin
folge, der elegant die rote Tour nach oben steigt, das rechte Bein mit
einem heel hook an einem Tritt fixiert und sich über den Überhang schwingt.
Das Muskelspiel seiner Schulter ist bemerkenswert und er gehört zu den
Männern, denen ein Pferdeschwanz steht. Gudrun sichert ihn von unten, ruhig
und konzentriert.
Robin, so weiß ich, arbeitet als Elektriker, er hat schwierige Lebensphasen
hinter sich, Alkohol und so weiter, aber das ist vorbei. Gudrun ist
Professorin für Germanistik und mindestens zehn Jahre älter als er. Die
beiden wirken entspannt und glücklich. „Ich frage mich nur, worüber sich
die zwei unterhalten“, sage ich zu Doris und nippe am Latte, „ich meine, wo
ist die geistige Schnittmenge?“
## Vielleicht hochromantisch
Sogleich komme ich mir blöd vor mit diesem Satz. Wenn Gudrun
Krankengymnastin wäre und jünger und Robin Germanistikprofessor und älter,
würde ich so eine Frage nicht stellen. Dabei ist die Beziehung vielleicht
hochromantisch, sie, die arrivierte Intellektuelle, und er, der labile
Kletterstar auf der Suche nach Halt auch jenseits der Kletterwand. So was
könnte Weltliteratur sein.
„Vielleicht ist der Altersunterschied gar nicht so wichtig“, meint Doris,
„es kommt auf die tiefere Verbindung an. Die Seelenverwandtschaft.“
Seelenverwandtschaft. Hm. Die findet sich offenbar auch zwischen Daniela
und Martin, ebenfalls ein Paar aus der Halle. Daniela ist schwanger
geworden, kurz nachdem sie den Job an der Uni bekommen hat. Martin, acht
Jahre jünger, supersportlich und kurz vor der Abschlussprüfung irgendeines
Zweitstudiums, will mit ihr zusammenziehen und erst mal den Hausmann
machen. Das sind coole Typen, die sich nicht um Rollenbilder scheren.
Christoph müsste bald kommen. Er holt mich heute von der Halle ab. „Dein
Mann klettert gar nicht?“, fragt Doris, „ist der eigentlich älter als du?�…
– „Jünger“, sage ich, „er fährt lieber Motorrad. Und liest. Viel.“ …
nichts gegen ältere Frauen, hat Christoph neulich gesagt, „solange ich
nicht auch noch klettern muss, ist alles gut.“ Zur Hölle mit den Klischees.
4 Jan 2016
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Frauen
Männer
Altern
Lesestück Recherche und Reportage
Liebe
Brigitte
Buddhismus
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