# taz.de -- Konferenz der Welthandelsorganisation: „Meilenstein“ bei Agrare… | |
> Staatliche Beihilfen für den Agrarexport sollen bis 2030 schrittweise | |
> verschwinden. Das soll den armen Ländern helfen. | |
> Entwicklungsorganisationen äußern sich kritisch. | |
Bild: Roberto Azevedo | |
NAIROBI dpa | Die mehr als 160 Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation | |
(WTO) haben sich auf den schrittweisen Abbau von Exportsubventionen für | |
Agrarprodukte verständigt. Eine gemeinsame Haltung zur Zukunft der | |
Doha-Entwicklungsrunde fanden sie bei [1][der zehnten | |
WTO-Ministerkonferenz] in Nairobi jedoch nicht. Nach zähen Verhandlungen | |
nahmen die Regierungsvertreter am Samstagabend eine Abschlusserklärung im | |
Konsens an, in der auf gegensätzliche Positionen zwischen Industriestaaten | |
und Entwicklungsländern zur Doha-Runde verwiesen wird. | |
Indien und Venezuela gaben zuvor ihre Kritik daran zu Protokoll. Es sei | |
enttäuschend, dass es der WTO nicht gelungen sei, sich auf ein klares | |
Bekenntnis zur Fortsetzung der Doha-Agenda zu verständigen, erklärte | |
Indiens Handelsministerin Nirmala Sitharaman. Die 2001 im Emirat Katar von | |
den WTO-Mitgliedern vereinbarte Doha-Agenda hat die Liberalisierung des | |
Welthandels bei zugleich besonderer Förderung der Entwicklungsländer zum | |
Ziel. | |
Indien, Brasilien, China und andere Schwellenländer genießen durch den | |
andauernden Doha-Prozess weiter Vorzugsbedingungen wie arme | |
Entwicklungsländer, obwohl sie längst als Konkurrenten auf den Weltmärkten | |
auftreten. Die USA und die EU wollen nach 14-jährigen, weitgehend | |
erfolglosen Doha-Gesprächen eine Neuausrichtung der WTO mit Verhandlungen | |
über neue Themen der Globalisierung. Viele Entwicklungsländer sowie | |
Schwellenländer fordern die Fortsetzung der Doha-Runde. | |
Ungeachtet dieser Gegensätze sprach WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo von | |
einem Erfolg. Es seien mehrere Vereinbarungen erreicht worden, von denen | |
insbesondere die ärmsten Länder profitierten. Die WTO habe bewiesen, dass | |
sie trotz aller Kritik handlungsfähig sei. | |
Die EU lobte die ebenfalls im Konsens angenommene WTO-Vereinbarung zum | |
Abbau von Exportsubventionen für Agrarprodukte als „Meilenstein“. | |
Staatliche Beihilfen für den Agrarexport sollen demnach bis 2018 | |
verschwinden, Entwicklungsländer bekommen dafür Zeit bis 2023, und die mehr | |
als 50 am wenigsten entwickelten Länder der Welt (LDC) müssen dies erst bis | |
Ende 2030 umsetzen. | |
Vor allem arme Länder würden davon profitieren, sagte die | |
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Die EU verzichtet schon seit | |
einiger Zeit auf die Subventionierung von Agrarexporten. Nach Umsetzung der | |
Vereinbarung würden Landwirte in der EU „zum ersten Mal bei Exporten | |
gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle erleben“. Dies sei eine | |
„Schlüsselforderung“ der EU gewesen, sagte Malmström. Weitgehend | |
unangetastet blieben dabei die hohen staatlichen Kredite in den USA, die | |
Farmer für Exportgeschäfte aufnehmen können. | |
Entwicklungsorganisationen äußerten sich kritisch: „Der fehlende Konsens | |
über die Fortsetzung der Doha-Runde ist der erste Schritt zum Ausstieg aus | |
der Entwicklungsagenda der WTO“, sagte Sven Hilbig, Welthandelsexperte von | |
Brot für die Welt. Die Organisation Oxfam warf den USA und der EU vor, | |
Aufgaben der Entwicklungshilfe im Handelsbereich zu blockieren. „Dies ist | |
ein Schlag ins Gesicht von Millionen Menschen in Afrika“, sagte Oxfams | |
Agrar-Expertin Marita Wiggerthale. | |
Im Konsens bekannten sich die WTO-Staaten auch dazu, dass arme Länder im | |
Falle einer Überschwemmung ihrer Agrarmärkte mit billigen Importen temporär | |
Schutzzölle erheben dürfen. Die Minister gestanden Indien zu, bis auf | |
weiteres Lebensmittel zu festgelegten Niedrigpreisen aufzukaufen und zu | |
lagern, obwohl dies gegen WTO-Regeln verstößt. Nur so könne die Ernährung | |
von Millionen armer Menschen gesichert werden, hatte Indien geltend | |
gemacht. Delhis Forderung, diese Ausnahme als dauerhaft festzuschreiben, | |
wurde nicht erfüllt. | |
19 Dec 2015 | |
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[1] https://www.wto.org/english/thewto_e/minist_e/mc10_e/mc10_e.htm | |
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