Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Handelsabkommen gescheitert: Indien gegen den Rest der Welt
> Indien lässt das erste große, weltweite Handelsabkommen seit über 20
> Jahren platzen. Doch es gibt auch Freude über das Scheitern.
Bild: Keine Lust auf Welthandel: Indiens Staatschef Narendra Modi
BANGKOK/GENF/BERLIN taz/dpa | Am Widerstand Indiens ist das erste globale
Abkommen über Handelserleichterungen in der fast 20-jährigen Geschichte der
Welthandelsorganisation (WTO) bis auf Weiteres gescheitert. Das Abkommen
hätte Zollformalitäten vereinheitlichen und andere Handelshemmnisse abbauen
sollen. Der Vertrag wurde bereits letzten Dezember zwischen 160 Staaten
ausgehandelt – mit Zustimmung von Indiens alter Regierung. Doch die neue
Regierung unter Narendra Modi weigerte sich, dem Abkommen zuzustimmen.
„Wir haben alles versucht. Aber es war nicht möglich“, sagte Roberto
Azevêdo, der Chef der Welthandelsorganisation WTO. Grund für das Scheitern
sind die indischen Agrarsubventionen. Delhi bestand darauf, gleichzeitig
mit dem Zollabkommen eine Ausnahmeregelung für die Beihilfen an indische
Bauern zu beschließen, mit denen das Land Hunger bekämpfen will. Die
WTO-Mitglieder hatten die Lösung des Problems im Dezember auf 2017 vertagt.
Nun wachsen Zweifel, ob neue Handelsabkommen im Rahmen der WTO überhaupt
noch möglich sind, schließlich hat jedes der 160 Mitgliedsländer ein
Vetorecht. „Die heutige Entwicklung zeigt, dass es nur wenig Hoffnung gibt,
wirklich globale Verhandlungen über Handelsfragen zu führen“, sagt Jake
Colvin vom Foreign Trade Council der USA, der Exporteure repräsentiert.
Eine Möglichkeit ist, das Abkommen ohne Indien umzusetzen. Darüber denkt
eine Kerngruppe von Ländern wie die USA und die EU nun nach. Viele Länder
wie China oder Brasilien haben schon begonnen, die Regeln des gescheiterten
Abkommens in ihre nationale Gesetzgebung zu integrieren. Die WTO hat
bereits einen Fonds aufgesetzt, der den ärmsten Ländern helfen soll, ihre
Zollbehörden an die neuen Abläufe anzupassen. Trotzdem befürchtet Azevêdo,
dass letztlich die Ärmsten die Zeche zahlen werden: „Wenn das System nicht
richtig funktioniert, dann sind die kleinsten Länder die größten
Verlierer.“ Zu den Verlierern könnte allerdings auch Indien gehören, denn
ohne das Abkommen kann es wegen seiner Agrarsubventionen verklagt und von
der WTO bestraft werden.
Allerdings ist das Abkommen im vergangenen Dezember von vielen
Nichtregierungsorganisationen auch heftig kritisiert worden. Francisco
Mari, Referent für Agrarhandel und Fischerei bei „Brot für die Welt“,
nannte es einen „massiven Angriff auf Kleinbauern und Kleinbäuerinnen und
arme städtische Bevölkerungen in Entwicklungsländern“. Ska Keller,
handelspolitische Sprecherin der Grünen im EU-Parlament, sagt nun, das
Abkommen sei „von Anfang an kein guter Deal für die Entwicklungsländer“,
weil die Industrieländer ihre Märkte nicht für landwirtschaftliche Produkte
aus den Entwicklungsländern öffnen wollten. Indiens Vorgehen sei daher
konsequent.
1 Aug 2014
## AUTOREN
Ingo Arzt
Christian Mihatsch
## TAGS
Narendra Modi
Indien
Freihandel
WTO
Biodiversität
Welthandel
Indien
Narendra Modi
China
Narendra Modi
Schwerpunkt TTIP
Schwerpunkt TTIP
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zu hohe Subventionen für Trawler: WTO will Fischbestände retten
20 Jahre lang wurde verhandelt, die Subventionen für die Fischerei
begrenzen. Das Ziel: Arme Länder sollen vor dem Verhungern bewahrt werden.
Konferenz der Welthandelsorganisation: „Meilenstein“ bei Agrarexporten
Staatliche Beihilfen für den Agrarexport sollen bis 2030 schrittweise
verschwinden. Das soll den armen Ländern helfen. Entwicklungsorganisationen
äußern sich kritisch.
Weltweiter WTO-Handelspakt: USA und Indien einigen sich
Das erste WTO-Handelsabkommen galt Ende Juli als gescheitert, weil Indien
blockierte. Doch nun gibt es Bewegung.
Indiens neuer Premierminister: Noch nicht „Modi-fiziert“
So hoch die Erwartungen an Premierminister Modi vor dem Sieg waren, so
gering sind nach 100 Tagen seine Leistungen. Ändert sich das jetzt?
Ökonomische Krise in China und Japan: Chinas Turbowachstum ist vorbei
Die Wirtschaft des Riesenreichs wächst nur noch leicht – und auch das nur,
weil sie künstlich aufgebläht wird. In Japan bricht die Konjunktur ein.
Neue Regierung Indiens: Keine Zustimmung für Freihandel
Die Regierung in Delhi weigert sich, einen Handelsvertrag ihrer Vorgängerin
umzusetzen. Damit gefährdet sie ein internationales Abkommen.
Kommentar TTIP & Währungsspekulation: Die 5,3-Billionen-Dollar-Wette
Die Welt streitet über Freihandelsabkommen, dabei ist das eigentliche
Problem die Spekulation mit Währungen. Warum bleibt sie unbeachtet?
Kleine Geschichte des Freihandels: Der Pümpel der Liberalisierung
Mit dem Tisa-Abkommen soll der letzte profitträchtige Teil des Weltmarkts
liberalisiert werden – an den etablierten Organisationen vorbei. Warum?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.