# taz.de -- Angela Richter im Talk mit Assange: Eine Zeit großer Entscheidungen | |
> Angela Richter sprach mit Srećko Horvat und Julian Assange in der | |
> Berliner Volksbühne. Sie diskutierten über die Ideologie des Silicon | |
> Valley. | |
Bild: Hier noch ohne Bart: Julian Assange auf einem Archivbild von 2012. | |
Berlin taz | Haben wir eine Chance, die Totalüberwachung unseres Alltags zu | |
verhindern? Müssen wir uns an den Gedanken gewöhnen, ständig via Google, | |
NSA und BND getrackt, durchleuchtet zu werden? Bedeutet das eine | |
Einschränkung der Demokratie – oder gar ihr Ende? Was meinen Sie, Mr | |
Assange? | |
Am Mittwochabend ging in der Berliner Volksbühne der dritte Teil der | |
„Europa“-Reihe über die Bühne. In dem von Theaterregisseurin Angela Richt… | |
und Philosoph Srećko Horvat moderierten Gespräch war Julian Assange, | |
Hacker-Star und Gründer von WikiLeaks, über Video zugeschaltet. | |
Assange harrt seit Mitte 2012 in der ecuadorianischen Botschaft in London | |
aus – in Schweden liegt ein Haftbefehl wegen des Vorwurfs sexueller | |
Nötigung gegen ihn vor; so kann er die Auslieferung verhindern. | |
Richter und Horvat haben Assange bereits mehrfach interviewt, Erstere hat | |
auch ein Theaterstück und Buch („Supernerds“) zum Thema Überwachung | |
veröffentlicht. | |
## Pessimistisch bis apokalyptisch | |
Die Beschäftigung mit den Fällen Assanges, Edward Snowdens und Chelsea | |
Elizabeth Mannings habe „ihre Weltsicht verändert“, sagt Richter gleich zu | |
Beginn der ausverkauften Veranstaltung, die den Titel „Das Ende der | |
Demokratie“ trägt. | |
Julian Assange, der aufgeräumt wirkt und mit zurückgekämmtem grauen Haar | |
und grauem Bart überdimensional präsent auf der Leinwand erscheint, gibt | |
sich äußert pessimistisch bis apokalyptisch: „Die Ideologie des Silicon | |
Valley ist total dominierend“, sie trage quasireligiöse Züge – es sei ein | |
sehr merkwürdiger Glaube, der wohl wirklich beinhalte, „das menschliche | |
Gehirn und die Technologie eins werden lassen“. | |
Ist die Diktatur des Silicon Valley also bereits in vollem Gange? Horvat | |
äußert die fatalistische Ansicht: „Noch zwei Jahre und Silicon Valley | |
beherrscht die Welt.“ | |
Assange vergleicht die Überwachungsmechanismen und die Steuerung der | |
Technologien mit dem HI-Virus oder mit nuklearer Kriegsführung. Die | |
„menschliche Zivilisation“ sei „in Gefahr“. Der Australier gibt nur | |
vorsichtig positive Ausblicke: Er sehe kaum eine Lösung. Es gelte, „NGOs | |
und Start-ups“ zu supporten, die die technologischen Antiviren erforschten. | |
## Wenig Neues | |
Über den Demokratiebegriff der Diskutanten wird kaum gesprochen. Assange | |
sagt, er glaube nicht an Demokratie in großen Staaten, womit die zentrale | |
Frage des Abends in einem Satz abgehandelt worden wäre. | |
Sowieso erfährt man wenig Neues, obwohl es doch laut Ankündigung auch um | |
das Freihandelsabkommen TTIP und die Flüchtlingsproblematik gehen sollte. | |
Assange und seine Gesprächspartner verharren in merkwürdig resignativer | |
Haltung. | |
(Technische) Alternativen oder Lösungsansätze werden so gut wie gar nicht | |
diskutiert. Immerhin sagt Assange nach anhaltendem Applaus zum Ende hin | |
noch: „Wir leben in Zeiten, in denen über große und wichtige Dinge | |
entschieden wird.“ Daran teilzuhaben, das sei doch auch etwas. | |
10 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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