Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Eskalation Kurdenkonflikt: Europas dröhnendes Schweigen
> Der Konflikt zwischen Türken und Kurden eskaliert. Europa hält sich
> zurück. Dabei sollte gerade Deutschland vermitteln – in eigenem
> Interesse.
Bild: Türkische Einsatzkräfte zerstreuen kurdische Proteste in Diyarbakir.
Es ist beschämend. Im Sommer kritisierte die Bundesregierung noch, dass die
Türkei lieber Stellungen der PKK im Nordirak bombardierte, als sich auf den
Kampf gegen den IS zu konzentrieren. Im August zog sie nach drei Jahren
vorzeitig ihre Patriot-Raketen ab, die dort Anfang 2013 an der syrischen
Grenze stationiert wurden.
Doch seit dem Flüchtlingsdeal vom Oktober ist alles anders. Damit Erdoğan
für Europa die Grenze sichert, hat man sich offenbar einen Maulkorb
auferlegt. Während sich die Lage in der Türkei dramatisch verschlimmert
hat, reagieren Deutschland und die EU nun mit dröhnendem Schweigen.
Dabei droht der Türkei ein Rückfall in die dunkle Ära der neunziger Jahre,
als der staatliche Feldzug gegen die PKK Zehntausende das Leben kostete und
den Südosten über Jahre verwüstete. Unter Erdoğan hatte sich der
Dauerkonflikt entspannt, es gab einen Friedensprozess, doch der liegt jetzt
in Trümmern. Denn Erdoğan setzt wieder auf die alten Methoden des
türkischen Nationalismus: auf Repression, Kollektivstrafen und militärische
Gewalt. Aber auch die PKK trägt eine Mitschuld an der Eskalation, weil sie
den Krieg in die Städte trägt.
Gefährlicher als in den neunziger Jahren ist aber das weltpolitische
Umfeld. In Syrien und im Irak hat sich der IS festgesetzt, und Russland
sowie der Iran verfolgen ihre eigenen Ziele in der Region. Der Konflikt in
der Türkei birgt da besonderen Sprengstoff und könnte ein weiteres Land in
den Abgrund reißen. Kritik an Ankaras gefährlichem Kurs ist daher
angebracht. Schrille Parteinahme für eine Seite bringt einen aber nicht
weiter. Stattdessen muss man versuchen, beide Seiten auf Kompromisskurs zu
bringen.
Es ist ja nicht der einzige Konflikt, zu dem Europa schweigt. Zu Israels
Kriegen und seiner anhaltenden Besatzung ist aus Europa auch selten Kritik
zu vernehmen. Und dass Saudi-Arabien seit Monaten den Jemen ins Elend
bombt, ist hier nur ein Achselzucken wert. Beides sind Verbündete, darum
hält man sich zurück. Schon diese Sprachlosigkeit ist fatal.
Doch der Konflikt in der Türkei ist ein besonderer, denn wenn er weiter
eskaliert, dann werden die Folgen auch in Deutschland unmittelbar zu spüren
sein. Darum sollte sich die Bundesregierung jetzt aktiv einschalten, um zu
vermitteln – und das schon aus reinem Eigeninteresse.
22 Dec 2015
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
PKK
Schwerpunkt Türkei
Kurden
Recep Tayyip Erdoğan
Masud Barzani
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
Kurden
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
Kurden
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kurdenstaat im Nordirak: Kurdenführer fordert Referendum
Bislang sind die irakischen Kurdengebiete autonom. Jetzt will ihr Präsident
die Bevölkerung zur vollständigen Unabhängigkeit befragen.
Konflikt in der Türkei: Kurden setzen auf Autonomie
Unter dem Druck der Armee nähert sich die kurdisch-linke Partei HDP der PKK
an. Präsident Erdoğan sieht darin Verrat an der Republik.
Militäreinsatz gegen die PKK: 16 Tote in der Türkei
Das türkische Militär setzt seine Großoffensive gegen die PKK fort. Unter
den Toten sind drei Zivilisten. Vielerorts gilt noch immer die
Ausgangssperre.
Kurdischer Protest in Düsseldorf: 15.000 gegen türkische Offensive
Ursprünglich ging man nur von 7.000 TeilnehmerInnen aus: In Düsseldorf fand
am Samstag eine Demo gegen das Vorgehen der Türkei in den Kurdengebieten
statt.
Protokoll aus Diyarbakir: Vorbei, der Krieg ist da
Im türkischen Kurdistan geht der Staat brutal gegen jede Opposition vor.
Unser Autor fragt, wo die deutsche Empörung über die Gewalt bleibt.
Konflikt in der Türkei: Deutschland sponsort Gewalt
Grüne und Linkspartei fordern einen Stopp: Alleine 2014 genehmigte die
Regierung Export von Rüstungsgütern in Millionenhöhe in die Türkei.
Kurden im türkischen Diyarbakir: Eine Stadt wird zerstört
Diyarbakir ist das Zentrum des kurdischen Widerstands in der Türkei. Teile
der Altstadt sind zum Kriegsgebiet geworden.
Türkei geht gegen PKK vor: Häuserkampf im Wohngebiet
Mit Panzern und Scharfschützen kämpfen türkische Sicherheitskräfte gegen
die PKK. Mehr als 100 Menschen sind bereits getötet worden.
Türkischer Staat gegen Kurden: 23 Menschen getötet
Panzer fahren in den Straßen, Soldaten dringen in Häuser ein. Die Situation
in der Südosttürkei spitzt sich zu. Der Einsatz ist gegen die PKK
gerichtet.
Kurdischer Anwalt Tahir Elçi: Unablässig für die Aussöhnung
Tahir Elçi war einer der wenigen, die noch versuchten, zwischen PKK und
Staat zu vermitteln. Das Entsetzen über den Mord an ihm ist groß.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.