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# taz.de -- Neues Album von Robert Forster: Ein Grund, ihn zu lieben
> Der australische Songwriter Robert Forster kennt bei sich selbst keine
> Berührungsängste. Das zeigen die Songs seines neuen Albums „Songs to
> Play“.
Bild: Robert Forster gibt sich auf seinem Album selbstverliebt – ein Stück w…
„I love myself and I always have.“ Warum kommt Robert Forster mit so einem
Satz durch? Und Nick Cave oder Morrissey nicht? Liegt es an der Dosierung
der Ironie? Klar operieren sie alle mit Ironie. Liegt es an den
unterschiedlichen Dandy-Entwürfen, die diese Männer in den Fünfzigern
verfolgen? Oder verkörpern?
„I love myself and I always have“ von Robert Forsters neuem Album „Songs …
Play“ ist ein weiterer Grund, ihn mehr zu lieben als seine zwei populäreren
Kollegen. Zu Gitarrenakkorden, die schon Dutzende seiner Songs begleitet
haben, singt er mit seiner kapriziösen Forster-Stimme, deren Manierismen
mit den Jahren nicht weniger werden, über diesen Forster, den er im Spiegel
anlächelt, der immer seinem eigenen Beat gefolgt ist, um dann zu reimen: „I
hold myself in high regard, loving yourself shouldn’t be so … (Pause)
hard.“
Wir erfahren nicht, warum der Mann sich so liebt, wir erfahren überhaupt
wenig, und doch sind wir, also ich, überzeugt, dass einer, der so einen
Drei-Minuten-Pop-Song aus dem Ärmel schüttelt, alles Recht hat, sich zu
lieben.
Überzeugt war ich schon 1989, als Forster auf seinem Debüt-Soloalbum die
Ankündigung seiner Geliebten, sie wolle sich einen anderen Lover suchen,
mit der Bemerkung quittierte, dass sie keinen besseren finden werde.
## Herbst statt Langeweile
„Every man for the rest of your life will be less than me.“ Klar. Im selben
Song gab es noch eine rätselhafte Drohung: Die gelbe Zeit der Langeweile
wird kommen! Fand ich immer super, bis ich festgestellt habe, dass er von
der „yellow time of autumn“ singt und nicht von boredom.
Forsters ausgestellter Narzissmus und sein Größenwahn funktionieren, weil
seine Ironie gewissermaßen ernst gemeint ist, weil er selbst daran glaubt,
dass es keinen Besseren gibt, und weil er gleichzeitig weiß, wie lächerlich
dieser Glaube ist.
Wenn er von seiner Liebe zu sich selbst singt, macht er das Lächerliche
daran kenntlich, ohne es platt ironisch zu verraten, etwa mit dem
berüchtigten Augenzwinkern mit Zaunpfahl. Der Dandy weiß um seine
Inszenierung, sie ist ihm zweite Haut.
Bei Cave und Morrissey sind Dandyhaftes und Ironie maskuliner, gröber
gestrickt, deshalb erreichen sie mehr Leute; um eine Arena zu bespielen,
müssen die Gesten größer sein.
## Die Pop-Gruppe als Projektionsfläche
Pop hört nicht auf, über Projektion, Identifikation und Übertragung zu
funktionieren, und über Missverständnisse. Im Alter wird es komplizierter,
zumal, wenn man allein ist. 2006 starb Grant McLennan urplötzlich mit 47
Jahren. Von 77 bis 89 waren Robert und Grant das Herz der Go-Betweens, ab
2000 die Ausnahme von der Regel, dass späte Reunions nicht funktionieren.
Mit dem Basis-Instrumentarium des Rock erschufen die Go-Betweens un- bis
antirockistische Pop-Songs von sprödem Glamour. „A dream of what a pop
group should be.“ Schrieb der New Musical Express über die Band aus
Brisbane. Eine gute Pop-Gruppe ist ein Traum, eine Projektionsfläche: Was
geht da vor zwischen diesen Leuten? Was haben sie sich dabei gedacht?
Der Kritiker Alastair McKay träumt seine Band zurecht: „Wenn die
Go-Betweens mit den Beatles verglichen werden, dann ist McLennan McCartney
und Forster ist Lennon. Der Vergleich stimmt aber nur, wenn die Bandleader
der Beatles Bob Dylan (McLennan) und Lou Reed (Forster) heißen.“
Forster selbst sah die Go-Betweens in der Ahnenreihe des
androgyn-literarischen Glam-Pop: „Wenn ich an Bands mit zwei starken
Figuren denke, meine ich nicht unbedingt zwei Songwriter. Eher
Konstellationen wie Lou Reed und John Cale bei Velvet Underground oder
Bryan Ferry und Brian Eno bei Roxy Music oder die Pet Shop Boys … ja, die
Pet Shop Boys sind eine Hochglanzversion von uns.“
## Nicht ohne Frau
Der kleine Unterschied zu den Pet Shop Boys und Roxy Music? Robert: „Wir
wollten immer Frauen in der Band haben, im richtigen Leben gibt es Frauen
und Männer, wenn du ins Kino gehst, siehst du Frauen und Männer.“
Grant McLennan hat seine Beziehung zu Forster mal als „nichtsexuelle
Homosexualität“ beschrieben. Wie das mit den Projektionen funktioniert,
erklärt Jonathan Lethem, prominenter Fan der Go-Betweens: „Ich habe
Ahnungen über die Leute in der Band, die vermutlich falsch sind, aber sie
bedeuten mir etwas.“
Auf der anstehenden Tour wird die Frau in der Band Karin Bäumler sein,
Forsters aus Regensburg stammende Ehefrau. Es darf geahnt werden.
4 Dec 2015
## AUTOREN
Klaus Walter
## TAGS
Pop
Indie
Pop
Adele
Die Nerven
Popkultur
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