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# taz.de -- Nutzung von Bus und Bahn: Flüchtlinge müssen Ticket kaufen
> In Hamburg registrierte Flüchtlinge müssen künftig eine Monatskarte für
> den Nahverkehr erwerben. Die 25 Euro werden vom Taschengeld abgezogen.
Bild: Mehrklassen-Gesellschaft am Bahnsteig: Die einen kaufen freiwillig eine F…
Ab Januar soll es in Hamburg für alle Flüchtlinge, die in
Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht sind, eine verpflichtende
Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr geben. Vorbild soll das
Semesterticket der Uni sein. Die Kosten von 25 Euro sollen von den 143 Euro
abgezogen werden, die registrierte Flüchtlinge in den Unterkünften
bekommen. Es gehe darum, wie das Hamburger Abendblatt am Samstag
berichtete, Schwarzfahren zu unterbinden. Regulär kostet eine solche
Monatskarte 84 Euro.
„Es stimmt, dass wir so ein Ticket planen“, sagte Rainer Vohl, Sprecher der
Hamburger Verkehrsvetriebe (HVV), am Sonntag zur taz. „Für uns steht aber
nicht nur im Vordergrund, das Schwarzfahren zu verhindern. Wir möchten
Flüchtlingen von Beginn an die Möglichkeit bieten, sich in Hamburg zu
bewegen.“ So hätten ehrenamtliche Helfer angerufen und gesagt, sie böten
zwar Sprachkurse an, aber die Flüchtlinge kämen nicht, weil sie keinen
Fahrschein hätten. Darauf reagiere man nun, sagte Vohl.
Bisher werden Fahrscheine nur für einzelne Behördengänge vergeben und das
„ist mit einem großen bürokratischen Aufwand verbunden“, hatte vor Kurzem
die Hamburger Linke kritisiert. Sie forderten nach dem Vorbild der Stadt
Karlsruhe freie Fahrt für Flüchtlinge im Nahverkehr. Das lehnte Hamburgs
rot-grüner Senat ab.
Das nun geplante Modell lehnt sich an Berlin an, wo Flüchtlinge nach ihrer
Registrierung ein Welcome-to-Berlin-Ticket für 26 Euro erhalten. Vor der
Registrierung erhalten sie ein Armband, dass ihnen kostenfrei Fahrt in
Bussen und Bahnen erlaubt.
So ein Band wolle Hamburg nicht einführen, sagte Vohl. „Die Flüchtlinge
sollten nicht zu erkennen sein und eine Fahrkarte haben wie andere
Fahrgäste auch.“ Ansonsten seien die Erfahrungen aus Berlin aber gut. Vohl
räumt aber ein, dass das Schwarzfahren auch ein Grund für das neue Ticket
ist. „Es gab Flüchtlinge, die erschrocken und verzweifelt waren, weil sie
in eine Kontrolle gerieten und von uniformierten Männern eine
Zahlungsaufforderung von 60 Euro in die Hand bekamen.“
Vohl habe schon erste Hassmails bekommen, in denen steht, es sei ungerecht,
dass die Flüchtlinge nur 25 Euro zahlten. Für Hartz-IV-Empfänger gibt es in
Hamburg nur einen 20-Euro-Rabatt auf alle Abo-Karten. Die Monatskarte für
den Großbereich Hamburg kostet so immer noch 64 Euro. Zwar gibt es die
günstigere „CC-Karte“ für 33,40 Euro, die mit dem Rabatt nur 13 Euro im
Monat kostet. Doch sie gilt nicht für ganz Hamburg und ist werktags von
sechs bis neun Uhr und 16 bis 18 Uhr gesperrt.
Vohl hält Sozialneid nicht für angebracht. Das Ticket sei deshalb so
günstig, weil es verpflichtend ist und alle einen Beitrag zahlen – so wie
die Studierenden auch, deren Semesterticket 27 Euro im Monat kostet. „Das
ist das Solidarprinzip. Ein Hartz-IV-Empfänger kann frei überlegen, ob er
ein Ticket kauft, ein Flüchtling nicht“, sagte Vohl.
Eben darin sieht Flüchtlingspolitikerin Christiane Schneider (Die Linke)
ein Problem. „Es ist eine Zwangskarte für alle, ungeachtet der
Bedürfnisse“, sagte sie. Die seien aber unterschiedlich. „Es gibt viele
Leute, die wochenlang nicht aus der Unterkunft gehen, weil sie krank oder
traumatisiert sind.“ Zudem sei der Abzug der 25 Euro vom Taschengeld
empfindlich. „Das ist der erste Schritt zu Sachleistungen. Das wollte
Hamburg nicht machen.“ Besser wäre ein freiwilliges Ticket, sagte
Schneider.
Sobald die Flüchtlinge in der Folgeunterkunft sind, soll die Ticketpflicht
laut Vohl enden. Sie erhalten dann Geld nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz - 359 Euro für eine alleinstehende Person – und
könnten dann wie Hartz-IV-Empfänger nur ein rabbatiertes Monatsticket
kaufen. Dieses Modell aber steht seit Jahren in der Kritik, weil die Karten
zu teuer sind: Für Mobilität sind im Hartz-IV-Regelsatz nur 25 Euro
vorgesehen.
29 Nov 2015
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Flüchtlinge
ÖPNV
Öffentlicher Nahverkehr
Fahren ohne Fahrschein
ÖPNV
Flüchtlinge
Behandlung
Deutsche Bahn
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