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# taz.de -- Aufarbeitung der Geschichte: Der Zoo stellt sich seinem NS-Erbe
> Der Zoo will mit einer Dauerausstellung seine Nazi-Vergangenheit
> aufarbeiten. Die Nachkommen jüdischer Aktionäre werden nicht entschädigt.
Bild: Eine Ausstellung soll ab Ende 2016 die Geschichte des Zoos beleuchten.
Mit zusammengekniffenen Lippen beäugt der bronzene Zoodirektor missmutig,
was da heute unter ihm geschieht. So sieht es am Montag Mittag jedenfalls
aus. Der jetzige Zoochef Andreas Knieriem schraubt vor der
schwarzgrünlichen Büste gerade eine Tafel fest. Was darauf steht, ist für
den alten Direktor nicht gerade rühmlich: „Lutz Heck passte sich und den
Zoologischen Garten Berlin bereitwillig an den Nationalsozialismus an.“ Er
sei ab 1933 Mitglied der SS gewesen. Und weiter: „Während seiner Dienstzeit
wurden im Zoologischen Garten ausländische Zwangsarbeiter ausgebeutet.“ Es
dauert keine Minute, bis die Schrauben sitzen – und das Ehrenmal zum
Schandmal geworden ist.
Die metallene Tafel soll einen Unterschied markieren im Umgang des Zoos mit
seiner Vergangenheit. Eine im Auftrag des Zoos erstellte Studie hatte
nachgewiesen, dass Heck und Konsorten in den dreißiger Jahren Juden nicht
nur aus dem Aufsichtsrat drängten. Jüdische BesitzerInnen einer Zoo-Aktie
wurden zudem quasi enteignet. Vor allem der Zoo selbst profitierte 1938
davon, indem er die Aktien mit Gewinn an nichtjüdische Interessenten
verkaufte.
Jahrzehntelang herrschte im Zoo bei diesem Thema Stillschweigen. Im Jahr
2000 erkundigte sich der Sohn eines ehemaligen Aktionärs, der in die USA
emigriert war, nach dem Verbleib der Aktie – und wurde abgewimmelt. Erst
seit 2011 weist im historischen Antilopenhaus, das den Krieg überstanden
hat, eine Gedenktafel auf dieses düstere Kapitel der Zoovergangenheit hin.
2014 erschien die Studie.
Die Tafel sei ein erstes Zeichen, aber reiche bei weitem nicht aus, sagte
Knieriem am Montag. „Wir wollen eine versöhnliche Geste schaffen, dass wir
zu dieser Geschichte stehen.“ Gemeinsam mit dem Aufsichtsratschef des Zoos,
Frank Bruckmann, kündigte er an, in eben jenem Antilopenhaus eine
Dauerausstellung einzurichten. Auf 120 Quadratmetern soll ab Ende 2016 die
Geschichte des Berliner Zoos veranschaulicht werden. Die Ausstellung soll
die Rolle jüdischer BerlinerInnen bei der Entstehung des Zoos würdigen und
gleichzeitig darstellen, wie sie in der NS-Zeit aus dem Zoo als Unternehmen
und gesellschaftlichem Ort heraus gedrängt wurden.
Die Zooleitung habe lange darüber nachgedacht, wie ein Zeichen der
Wiedergutmachung aussehen könnte, erzählte Knieriem. Neben der Ausstellung
soll es ab 2016 nun auch ein Stipendienprogramm geben für
Promotionsstudenten aus Israel. Das lässt sich der Zoo in den nächsten fünf
Jahren 200.000 Euro kosten. „Ziel ist die Stärkung des wissenschaftlichen
Austauschs zwischen Deutschland und Israel“, erklärte Aufsichtsratschef
Bruckmann.
Trotz der nun selbstkritischeren Haltung des Zoos zur eigenen Vergangenheit
wird es für die Nachkommen jüdischer Aktionäre keine materielle
Rückerstattung geben. „Wir haben das mehrfach juristisch prüfen lassen,
aber das ist nicht so einfach“, sagte Knieriem. Der Zoo als
Aktiengesellschaft könne keine Aktien zurückgeben, weil er sie selbst nicht
besitze. Die Aktenlage sei zudem schwierig, da weite Teile während des
Krieges zerstört wurden und eine Rekonstruktion nur teilweise möglich sei,
sagte Knieriem. Alle Betroffenen könnten sich aber im Zoo melden. „Wir
laden sie zum Besuch ein und bieten gerne auch unsere Begleitung an. Wir
wollen das unbürokratisch regeln.“
7 Dec 2015
## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
## TAGS
Zoo
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Aufarbeitung
Berliner Zoo
Zoo Berlin
Tierpark
Zoo
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