# taz.de -- Studierendenproteste in den USA: „Power“ und „Revolution“ | |
> Eine überraschende Demonstration: Im ganzen Land protestierten am | |
> Donnerstag Studierende gegen Rassismus und Studiengebühren. | |
Bild: University of California: StudentInnen zeigen Solidarität mit den Protes… | |
New York taz | An Universitäten quer durch die USA haben am Donnerstag | |
StudentInnen mit erhobenen Fäusten „Power“ und „Revolution“ gerufen un… | |
Ende der Diskriminierungen verlangt. Was ursprünglich als Aktionstag für | |
gebührenfreie Universitäten und gegen die studentische Verschuldung geplant | |
war, geriet infolge einer Auseinandersetzung an der Universität von | |
Missouri zu einer nationalen antirassistischen Demonstration. | |
Vielerorts trugen StudentInnen spezifische Mängellisten vor. An der | |
Georgetown-Universität in der Hauptstadt Washington verlangen StudentInnen | |
Namensänderungen. Unter anderem wollen sie, dass der Name „Mulledy Hall“ | |
verschwindet. Universitätspräsident Mulledy hatte im Jahr 1838, als | |
Georgetown hoch verschuldet war, 272 Sklaven nach Louisiana verkauft, um | |
die Schulden zu tilgen. | |
In Yale, ebenfalls eine Universität der Ivy-League, steht ein Zwischenfall | |
von Halloween im Vordergrund der Auseinandersetzungen. Anlässlich des | |
Festes hatte im Oktober der Superintendent die StudentInnen gebeten, bei | |
ihrer Verkleidung sensibel zu sein und auf Kostüme zu verzichten, die | |
beleidigend für Minderheiten sein können. | |
Eine Dozentin kritisierte den Aufruf. Erika Christakis schrieb: „haben wir | |
keinen Platz mehr für ein bisschen Anstößiges, Unpassendes, Provozierencdes | |
und Beleidigendes?“ Schwarze StudentInnen reagierten betroffen. Sie | |
verlangten Erklärungen, Entschuldigungen und Rücktritte. Bislang sucht die | |
Verwaltung der Elite-Universität zwar das Gespräch, reagiert aber nicht auf | |
die Forderungen. | |
## „60.000 Dollar im Jahr, um diskriminiert zu werden“ | |
An der Loyola-Universität in Chicago stand am Donnerstag die 21jährige | |
schwarze Studentin Heather Afriyie am Megaphon in der Mitte einer | |
Demonstration: „Ich weiß nicht, wie es Euch geht“, rief sie: „Aber ich | |
zahle 60.000 Dollar pro Jahr, um eine Ausbildung zu bekommen, nicht um | |
diskriminiert zu werden“. Hunderte um sie herum regierten mit „Power“-Ruf… | |
und der Forderung: „Macht die Türen auf“. Die Universität zwang die | |
StudentInnen draußen zu bleiben, weil sie zu spät über die Demonstration | |
informiert worden sei. | |
Im konservativen Virginia zog am Donnerstag eine Gruppe von StudentInnen in | |
das Büro des Präsidenten der VCU-Universität. Dort verlasen sie eine lange | |
Mängelliste. Sie reichte von zu wenigen ProfessorInnen aus den | |
„Minderheiten“ (AfroamerikanerInnen, Latinos etc) bis zu dem Fehlen von | |
„kulturellem Training“. Die StudentInnen verlangen, dass bei Einstellungen | |
schwarze Frauen vorrangig berücksichtigt werden. | |
„Ist dies eine Universität oder ein profitorientiertes Unternehmen?“ stand | |
auf einem Transparent an der Northeastern Universität in Boston. In | |
Berkeley, in Kalifornien, machten StudentInnen ihre Verschuldung wegen der | |
Studiengebühren öffentlich. Sie reicht bis zu 100.000 Dollar pro Person. | |
Die hohen Studiengebühren und die – oft lebenslängliche – Bürde der dara… | |
resultierenden Schulden sind auch ein Thema im Vorwahlkampf der | |
DemokratInnen. Der Kandidat Bernie Sanders verlangt gebührenfreie | |
öffentliche Universitäten und eine Senkung der Zinsen für Studienschulden. | |
Seine Widersacherin Hillary Clinton will nur den Zugang zu Stipendien | |
erleichtern. | |
## Zeichnungen von Lynchings an Zimmertüren | |
Bei den RepublikanerInnen hat sich bislang lediglich Marco Rubio mit | |
Vorschlägen geäußert. Er kritisiert nicht die Studiengebühren, will aber | |
ihre Rückzahlung abhängig vom Einkommen machen. | |
An der Universität von Missouri, wo die Protestwelle gegen rassistische | |
Diskriminierung im Oktober begonnen hat, ist Interimpräsident Michael | |
Middleton angetreten. Der schwarze Juraprofessor, der selbst vielfach | |
Diskriminierungen erlebt hat, ist eingesprungen, nachdem am Montag der alte | |
Präsident Timothy Wolfe zurückgetreten war. | |
An der Universität, die im selben Bundesstaat liegt wie die Vorstadt | |
Ferguson, kommt es immer wieder zu rassistischen Vorfällen. StudentInnen | |
berichten von Zeichnungen von Lynchings an Zimmertüren, von Hakenkreuzen, | |
von vorwurfsvollen Bemerkungen und Kommentaren über „black neighborhoods“ | |
in Seminaren und von dem N-Wort. | |
Als Ende letzter Woche anonyme offene Morddrohungen gegen schwarze | |
StudentInnen kamen, war das Fass voll. Während Wolfe seinen Rücktritt | |
erklärte, stand in einer Menschenmenge vor der Türe eine junge Frau mit der | |
Aufschrift „Eracism“ auf dem T-Shirt. Die neue Wortschöpfung setzt sich | |
zusammen aus „Abschaffung“ und Rassismus“. | |
13 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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