# taz.de -- Tag gegen Gewalt an Frauen: „Mehr Plätze in Frauenhäusern nöti… | |
> Die Geschäftsführerin eines Frauenhauses fordert mehr Hilfsangebote | |
> besonders für Migrantinnen und Frauen nach der Flucht. | |
Bild: Erschreckend häufig: Gewalt gegen Frauen. | |
taz: Frau Lehmann, Ihr Verein unterstützt Migrantinnen, die von Gewalt | |
betroffen sind. Welche Auswirkungen hat die Flüchtlingskrise? | |
Nadja Lehmann: Es kommen verstärkt Frauen aus Flüchtlingsunterkünften zu | |
uns ins Frauenhaus und in die Beratungsstelle. Wir würden unser Angebot | |
daher gern um eine mobile Beratung erweitern, zum Beispiel im Lageso und in | |
Flüchtlingsunterkünften. Außerdem möchten wir zusätzliche Frauenhausplätze | |
für geflüchtete Frauen anbieten. Dafür benötigen wir jedoch eine | |
zusätzliche Finanzierung. | |
Warum braucht es spezielle Einrichtungen für geflüchtete Frauen? | |
Von Gewalt betroffene Flüchtlingsfrauen und ihre Kinder haben häufig keine | |
Möglichkeit, in eine eigene Wohnung zu ziehen oder, aufgrund der | |
Residenzpflicht, den Wohnort zu wechseln. Sie haben außer der Unterbringung | |
in einer Flüchtlingsunterkunft zunächst keine Alternativen. | |
Niedrigschwellige Frauenhausplätze und unbürokratische | |
Unterstützungsangebote sind darum besonders wichtig. | |
Was bietet Ihr Verein an? | |
Zum Beispiel zeitintensive Begleitungen zu Behördengängen und | |
Sprachmittlung. Außerdem sprechen unsere Mitarbeiter_innen verschiedene | |
Sprachen und haben überwiegend eine Migrationsgeschichte. Bei vielen | |
geflüchteten Frauen und ihren Kindern geht es in erster Linie darum, dass | |
sie sich an einem geschützten Ort stabilisieren und Perspektiven für ihr | |
zukünftiges Leben entwickeln. Außerdem sind viele Frauen nach der Flucht | |
und Migration zunächst abgeschnitten von ihrem früheren kulturellen und | |
sozialen Umfeld. Dadurch sind sie besonders gefährdet. | |
Inwiefern? | |
Soziale Isolation ist allgemein ein Indikator für häusliche Gewalt. | |
Häusliche Gewalt wiederum führt oft dazu, dass sich die Frauen noch mehr | |
isolieren. In unseren Wohnprojekten haben die Frauen die Möglichkeit, sich | |
mit anderen allein lebenden Frauen auszutauschen, neue Netzwerke zu knüpfen | |
und sich bei alltäglichen Dingen wie Kindererziehung gegenseitig zu | |
unterstützen. | |
Welche Art von Gewalt erleben Frauen in Flüchtlingsunterkünften? | |
Zum einen Fälle von klassischer häuslicher Gewalt, also Gewalt, die vom | |
Ehemann oder Partner ausgeht. Bei einigen Paaren war das schon im | |
Herkunftsland so; es gibt aber auch Fälle, in denen Männer erst durch auf | |
der Flucht erlittene Traumata gewalttätig werden. Zudem kommt es in | |
Flüchtlingsunterkünften zu Übergriffen durch fremde Männer, etwa in | |
gemeinschaftlichen Duschräumen. Gerade alleinstehende Frauen trauen sich | |
zum Teil nicht mal allein zur Toilette. | |
Melden sich diese Frauen von selbst bei Ihnen? | |
Zum Teil melden sich Unterstützer_innen der Frauen bei uns, zum Teil die | |
Frauen selbst. Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass Frauenhäuser | |
eine Alternative sein können – natürlich nur, wenn es gerade freie Plätze | |
gibt. Es ist daher dringend notwendig, die Situation für Frauen in | |
Flüchtlingsunterkünften zu verbessern. | |
Was müsste man dafür tun? | |
Separate Unterkünfte für allein reisende und allein lebende Frauen und ihre | |
Kinder einrichten – auch für die, die nicht akut von Gewalt bedroht sind. | |
Am heutigen Mittwoch ist Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt | |
gegen Frauen. Beteiligt Ihr Verein sich daran? | |
Einzelne Mitarbeiter unterstützen das Projekt „Gewalt kommt nicht in die | |
Tüte“, bei dem Backwaren in mit dem Slogan bedruckten Tüten verkauft | |
werden. Es ist wichtig, dass das Thema einmal im Jahr in den öffentlichen | |
Fokus gerückt wird und so Menschen erreicht werden, die sich sonst wenig | |
damit auseinandersetzen. | |
25 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Hannah Wagner | |
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