# taz.de -- Sonnenkraftwerke aus Berlin in Afrika: Kreuzberger Solarpanels für… | |
> Mobisol liefert Solaranlagen für die Stromversorgung in Tansania und | |
> Ruanda. Die Berliner Firma hat bislang rund 30.000 Kunden. | |
Bild: Fernsehen mit Solartstrom | |
BERLIN taz | Dieser Raum soll einen Eindruck vermitteln, wie Menschen in | |
Tansania leben. In dem nachempfundenen Wohnzimmer stehen ein rotes Sofa mit | |
Deckchen und ein Tisch. Auch ein Jesusbild und ein Regal mit Töpfen hängen | |
an der Wand. Außerdem gibt es einen Flachbildfernseher, eine kleine | |
Musikanlage, eine elektrische Lampe und „ganz wichtig, das Bügeleisen“, | |
sagt Thomas Duveau. Bei der Berliner Firma Mobisol kümmert er sich um die | |
Geschäftsentwicklung. Dafür ist es gut, sich in die Lage der Kunden zu | |
versetzen. | |
Besonders dann, wenn diese 6.500 Kilometer Luftlinie entfernt leben. | |
Mobisol sitzt im vierten Stock eines alten Postgebäudes in | |
Berlin-Kreuzberg. Die bisher etwa 30.000 Kunden der Firma leben im Norden | |
Tansanias und in Ruanda. Ihnen hat Mobisol Solarkraftwerke verkauft – und | |
damit quasi den Sprung ins 21. Jahrhundert ermöglicht. Der Raum mit dem | |
Afrika-Ambiente hilft den Kreuzbergern, den Sinn des Firmenprodukts von | |
Europa aus besser verstehen zu können. | |
Mobisol liefert, woran auch die Pariser Klimakonferenz ab kommender Woche | |
hinarbeitet: Energiewende plus Entwicklung. Das Produktpaket besteht aus | |
Solarzellen, Batteriespeichern inklusive Steuereinheit, LED-Lampen, | |
Flachbildschirmen, Radios und Aufladestationen für Handys. Das | |
Geschäftsmodell: Duveau und seine gut 400 meist afrikanischen KollegInnen | |
verkaufen klimaneutrale Stromversorgung für Wohnhäuser und Kleinbetriebe. | |
In großen Teilen Tansanias und Ruandas gibt es kein Stromnetz. Leitungen zu | |
verlegen würde Jahrzehnte dauern und die Ressourcen der Staaten | |
möglicherweise überfordern. Kleinkraftwerke bieten daher einen Ausweg: Sie | |
liefern Strom ohne Elektrizitätsnetz. Bezahlt werden die Anlagen mit | |
Überweisungen via Handy oder Smartphone. | |
## Verzicht auf Petroleumlampen und Stromgeneratoren | |
Zum einen liege der Vorteil darin, sagt Duveau, dass die Käufer auf rußende | |
Petroleumlampen und dieselbetriebene Stromgeneratoren verzichten könnten. | |
Zweitens sparten sie mit der Eigenerzeugung von Solarstrom Geld. Er macht | |
diese Rechnung auf: Viele Privathaushalte und Geschäfte in Tansania und | |
Ruanda gäben monatlich rund 50 Euro für Diesel aus. Eine 80-Watt-Anlage von | |
Mobisol, die den Generator ersetzt, koste sie dagegen monatlich knapp 20 | |
Euro. Der Kaufpreis von rund 700 Euro wird in 36 Monatsraten abbezahlt – | |
Garantie und Wartung sind inklusive. Danach ist der Kunde Eigentümer der | |
Anlage, der Wartungsvertrag kostet rund drei Euro monatlich. | |
Nur 2,6 Prozent der Käufer hätten die Raten nicht rechtzeitig überwiesen, | |
sagt Duveau, ein Typ mit schwarzem Vollbart, Jeans und aufgekrempelten | |
Hemdsärmeln. Wenn das längere Zeit passiert, schaltet Mobisol die jeweilige | |
Anlage ab. Das ermöglichen der integrierte Computer und die Mobilfunkkarte. | |
Auch die technische Kontrolle aus der Ferne lässt sich so bewerkstelligen. | |
Ist etwas kaputt, fährt ein Techniker raus aufs Land. Beispielsweise in der | |
tansanischen Großstadt Arusha am Fuße des Mount Meru betreibt Mobisol eine | |
Niederlassung, die zehn Außenposten versorgt. Dort arbeiten jeweils sechs | |
Leute. Per Motor- oder Fahrrad transportieren sie die verpackten Anlagen, | |
die auf einen Gepäckträger passen, zu den Kunden. | |
Bei Mobisol in Kreuzberg steht im langen Flur ein Klavier, in der Küche | |
können die Mitarbeiter kickern. Weiter hinten ist die Werkstatt, in der | |
Prototypen gelötet und geschraubt werden. Die Computerteile kommen aus | |
Schwedt an der Oder, die Solarzellen, Batterien, Lampen und Bildschirme | |
kommen aus China. „Wir sind eine solide deutsche Ingenieursfirma“, sagt | |
Duveau. Einer der wichtigsten Investoren ist selbst in der Berliner | |
Solarindustrie reich geworden. Mittlerweile trägt Mobisol sich selbst, sagt | |
Duveau: „Wir schreiben eine schwarze Null.“ Der Umsatz in diesem Jahr | |
übersteige 20 Millionen Euro. Nach Tansania und Ruanda werde man demnächst | |
das dritte Land in Afrika beliefern – vielleicht Kenia oder Nigeria. | |
23 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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